Frühling lässt sein blaues Band...
KULTURVEREINIGUNG / MOZARTEUMORCHESTER
20/04/23 Es braucht diesmal zwei Musiker, um den Promi-Klarinettisten Jörg Widmann zu ersetzen. In den ersten beiden Kulturvereinigungs-Konzerten dieser Woche (19./20.4.) mit dem Mozarteumorchester springt Matthias Schorn – auch einer der Umtriebigen in seinem Fach – ein. Am Freitag (21.4.) wechselt Ferdinand Steiner aus der Bläser-Reihe ans Solopult.
Von Horst Reischenböck
Der in Mozarts Todesjahr verstorbene Musiktheoretiker Christian Friedrich Daniel Schubart verband die Tonart c-moll mit „Klagen der hoffnungslosen Liebe, Schmerz, Sehnsucht, Jammern“. Eine allgemein verbindliche „Tragik“ maß ihr erst Ludwig van Beethovens Temperament bei. Daran durfte man in der Adagio molto-Einleitung zum Kopfsatz von Franz Schuberts Vierter Sinfonie D 417 denken. Dertschechische Dirigent Petr Popelka meißelte sie zusammen mit dem willig mitstreitenden Mozarteumorchester und rückte auch nach dem ersten aufbegehrend hart geschlagenen Paukenwirbel im Tutti die notierten Generalpausen-Zäsuren dem Auditorium dramatisch ins Bewußtsein. Umso merkwüdiger, dass Popelka im dahinstürmenden Allegro vivace dann auf die Wiederholung der Themen-Exposition verzichtete. Freiheit eines Nach-Komponierenden?
Zärtlich ging es in das von den Holzbäsern melancholisch gefärbte, zweifach durch emotional berührende Aufschreie gegliederte Andante. Auch im Trio des eigentlich untanzbaren, aufrührischen Menuetto gaben Oboen und Flöten einander die Klinke in die Hände. Wer sich noch an Nikolaus Harnoncourt erinnerte, dem wirkte das pulsierende Allegro zum Schluss demgegenüber allerdings wiederum fast eine Spur zu zahm. Das nahm dem befreiend gedachten Dur-Schluss Einiges an Wirkung.
Statt dem erkrankten Jörg Widmann also der in Hallein geborene Wiener Philharmoniker Matthias Schorn mit dem Non-plus-ultra aller Klarinettenkonzerte, dem KV 622 von Mozart. „Hingabe“ im wahrsten Sinn des Wortes, denn so ließ sich denken, dass der für seine sprechend gesangliche Kunst gerühmte Auftraggeber Anton Stadler schon damals trotz aller nicht gering zu schätzen technisch zu bewältigenden Anforderungen sein „süßes Hölzl“ traktiert haben mag.
Schier mühelos changierte Schorn durch die Register, bestach sowohl virtuos wie auch durch seidenweiche Klänge und faszinierte nicht zuletzt mit phänomenal zurückgenommenen Pianissimi. Eine rundum perfekte, wunschlos glücklich machende Interpretation, der Matthias Schorn mit beiden Orchesterkollegen und dem 1. Posaunisten noch einen bodenständigen Ländler nachsandte.
Nach der Pause war, dem regnerischen Wetter draußen zum Trotz, endlich der Frühling angesagt, mit Robert Schumanns sinfonischem Erstling in B-Dur op. 38 aus seinem sogenannten „Sinfoniejahr“ 1840, der den Namen der Jahreszeit im Titel trägt. Strahlend von Trompeten und Posaunen-Signalen bekränzt, durch romantisch-typisch exzellent geblasenes Hornquartett „garniert“ auf samtigem Streicherfundament. Von Petr Popelka hat das mit großräumigen Gesten schwungvoll gesteuert, und auch immer wieder die Zweiten Geigen und Bratschen intensiv Anweisungen versorgt.