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Dreißig Jahre – und kein bißchen leise

BACHGESELLSCHAFT / SALZBURGER HOFMUSIK

19/09/22 Zahlreiche Auftritte, Präsentationen von Forschungen, Ausgrabungen, die hiesige Musiklandschaft bereichernd: Drei Jahrzehnte sind für die Salzburger Hofmusik und ihren Gründer Wolfgang Brunner noch lange kein Anlass, sich auf Lorbeeren auszuruhen. Das bewies das erste der Jubiläums-Konzerte in der Pfarrkirche Mülln.

Von Horst Reischenböck

„Ein Stern unter Sternen“, so lautete der Untertitel des Progamms vom Freitagabend, der durchaus noch ein paar Interessenten mehr vertragen hätte. Für den Veranstalter, die Salzburger Bachgesellschaft, logischerweise nicht „ein“ Stern, vielmehr der primäre unter allen an Bachs Himmel, auch wenn die Witterung diesmal den Blick darauf nicht frei gab. Auf den Abend- oder Morgenstern nämlich, der bekanntlich ja gar kein Stern ist, sondern die Venus.

Mit diesem Planeten setzte sich die Bach-affine und zudem himmelskundige Blockflötistin Juliane Sophie Ritzmann verbal auseinander, mit der Frage „Wo leuchtet der Morgenstern?“. Das war eingebettet in Bachs Choral über „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ von Philipp Nicolai, dem Contrapunct darüber seitens des von Bach geschätzten Nicolaus Adam Strungk und der Aria „Erfüllet, ihr Himmlischen, Göttlichen Flammen“ aus der ersten Kantate des Thomaskantors, eben besagten Titel – Wie schön leuchtet der Morgenstern – trägt.

In ihr durfte sich die Salzburger Sopranistin Marianna Herzig verströmen. Als Phoebus mit schnellen Pferden in Weichet nur betrübte Schatten BWV 202 ließ sie fast spielerisch den Koloraturen freien Lauf lassen, und den „Hochgelobten Gottessohn“ wusste sie in Bleib bei uns, denn es will Abend werden BWV 6 beinahe jünglinghaft keusch zu artikulieren.

Mutmaßlich noch nie bei uns zu hören war jene meditierend dahinschreitende Allemande, die Bachs Vorgänger-Kollege Johann Jacob Froberger als ein Moemento mori auf den eigenen Tod sich selbst komponierte. Das Stück gemahnt mit seinen wiederholten Bassnoten an eine Passacaglia. Es steht in der für ein Totengedenken eigentlich merkwürdig anmutenden, vom Theoretiker Johann Mattheson als „kriegerisch“ beschriebenen Tonart D-Dur. (Für Kundige löste das lokale Assoziationen an Salzburg aus, etwa an Bibers A-Dur-Requiem oder Adlgassers späteres Gegenstück in C-Dur.)

Wolfgang Brunner brachte die Hörer mit seinen lockeren Einführungen immer auf richtige Pfade. So etwa durch Hinweis darauf, dass Bach zu Anfang im Praeludium der dem Erbprinzen von Anhalt-Köthen aus Anlass dessen Geburt gewidmeten Ersten Partita BWV 825, allerdings in Sechzehntel-Noten, „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ zitiert. Für Brunner selbst Gelegenheit, sein Können im Alleingang am Cembalo ins Rampenlicht zu stellen, während er zuvor als Leiter vom instrument aus klanglich meist eher im Hintergrund agierte. Selbst als Partner vom vollmundig agierenden Cellisten Gerhard Darmstadt. Und schon gar in aller ausführender Quintettformation zusammen mit dem exzellenten Geiger Florian Moser, die den Sakralraum akustisch locker füllte. Begeisterten Akklamationen zum Geburtstag des Ensembles stand nichts im Weg.

Bilder: wikimedia.org / Wikiolo (1); Salzburger Landestheater / Agnieszka Milewska (1)
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