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Doppelt preisgekrönt

CD-KRITIK / BENJAMIN SCHMID

19/02/14 Wer’s nicht glaubt, der mache die Probe aufs Exempel: Mit wachem Ohr genossen, kann diese  Interpretation von Ligetis Violinkonzert direkt süchtig machen. Ein weiteres melodisches Verführungsstück: das Violinkonzert von Ermanno Wolf-Ferrari.

Von Horst Reischenböck

Wer’s nicht glaubt, der mache die Probe aufs Exempel: Mit wachem Ohr genossen, kann diese  Interpretation von Ligetis Violinkonzert direkt süchtig machen. Kein Wunder, dass Benjamin Schmid für diese 2012 in Helsinki entstandene Aufnahme mit dem Gramophone Editor’s Choice Award als Album des Monats Februar 2014 gewürdigt wurde. Dies, obwohl dem Salzburger Geiger in Patricia Kopatchinskaja und Frank Peter Zimmermann durchaus kapitale Mitbewerber erwuchsen.

Ligeti formte sein Violinkonzert in den vier Jahren zwischen 1989 und 1993 mehrfach um. Es ist jetzt fünfsätzig. Was macht das Faszinosum aus? Da beeindruckt gleich zu Beginn das Praeludium, das sich aus zarten Arabesken durch Einwürfe des Soloinstruments zu tokkatenhaftem Wettstreit mit dem Orchester steigert. Absolute Tonschönheit verströmt dann Benjamin Schmid vorerst im Alleingang der nachfolgenden Kantilene des 2. Satzes, dessen weitere Bezeichnungen – Hoquetus,  Choral – auf Ligetis Auseinandersetzung mit alten Kompositionstechniken verweisen. Auf langgezogene Bläserakkorde reagiert die Solostimme mit harschen Pizzikati und dissonanter Mehrstimmigkeit, um dann langgezogen zu verdämmern. In höchsten Lagen umspielt Benjamin Schmid im kurzen Intermezzo begleitende Flageoletttöne, in die sich kontrastierend Bläser zu letztendlich fordernder Klimax einklinken. In die ruhevolle Passacaglia an vierter Stelle führen liegende Bläserklänge ein, konterkariert durch hohe Töne des Solisten, der sich dann in die dramatisch geforderten Akzente hineinsteigert, um sich danach brillant und in einer virtuosen Kadenz gipfelnd dem ähnlich ausgedehnt finalen Appassionato zu ergeben.

Für diese Interpretation ist auch dem ausgezeichnet assistierenden Finnisch Radio Symphony Orchestra unter Hannu Lintu zu gratulieren. Dieser Dirigent hat sich übrigens auch für Ligetis „Lontano“, „Atmosphères“ und „San Francisco Polyphony“ mehr Muße zugebilligt als vergleichsweise Jonathan Nott mit den Berliner Philharmonikern.

Spätestens seit der Ersteinspielung durch Ulf Hoelscher 1994) sollte das Violinkonzert op. 26 von Ermanno Wolf-Ferrari nicht nur Musikfreunden bekannt, sondern auch in den Konzertsälen heimisch sein. 1943 entstand dieses Stück, übrigens in einer Zeit, da der Deutsch-Venezianer am Mozarteum Komposition lehrte. In der Widmung an„Guila Bustabo in ammirazione“  spiegelt sich die Zuneigung zu dieser vergessenen Künstlerin aus den USA.

Warum dauerte die Entdeckung des D-Dur-Konzerts so lange? Nun, vielleicht, weil es im Melos ähnlich „anachronistisch“ gegenüber Zeitströmen der Avantgarde wirkt wie das ebenfalls von Benjamin Schmid aufgenommen und in etwa zeitgleich entstandene Konzert von Erich Wolfgang Korngold.

Für die Wolf-Ferrari-Einspielung bekam Schmid den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Das Werk bietet dem Geiger schon in der eingangs Fantasia exzellentes Futter für virtuosen Ansatz. Danach, ohne irgendwelche Anbiederung, bekräftigt der Komponist die Liebeserklärung der Romanza zur damals 20jährigen Widmungsträgerin durch ein Zitat aus Franz Lehárs „Lustiger Witwe“: Möglichkeit zum Ausspielen saftig voluminöser Klangfülle. Rhythmik belebt das nachfolgende Improvviso, in das sich durchaus ernsthafte Töne mischen. Auch dem beschwingten Rondo zum Schluss, das dem Solisten auch eine nachdenklich rekapitulierende Kadenz bietet, bleibt Schmid nichts schuldig und erreicht elektrisierend die Zielgerade sogar zwei Minuten vor der Konkurrenz, zu der sich erst jüngst auch die Italienerin Laura Marzadori gesellte.

Der Dirigent Friedrich Haider, bekannt auch als Klavierbegleiter von Edita Gruberova, fachte vor vier Jahren die Filarmonia aus dem spanischen Oviedo für Benjamin Schmid zu partnerschaftlichem Musizieren an. Die Aufnahme wird ergänzt durch rare Orchestermusik aus Opern von Wolf-Ferrari die CD. Mitgegeben wird eine Bonus-DVD „Liebeserklärung an eine Geigerin" mitsamt Dokumentation zur CD-Aufnahme.

Ein absolutes Muss für alle Geigenfans, nicht oft genug zu hören!

György Ligeti: Violin Concerto, Lontano, Atmosphères & San Francisco Polyphony. Benjamin Schmid (Violine), Finnisch Radio Symphony Orchestra, Ltg. Hannu Lintu. ONDINE CD ODE 1213-2 – www.ondine.net
Ermanno Wolf-Ferrari: Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 26; Preludio zu  „Il Campiello“, Preludio, Ouvertüren zu „Le donne curiose“ und „L’amore medico“, Intermezzo aus der Oper „ I quatro rusteghi“, Oviedo Filarmonia, Ltg. Friedrich Haider. FARAO CLASSICS CD + DVD B 108069 – www.farao-classics.de

 

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