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Nur nach vorn. Nur in die Zukunft

RAURISER LITERATURTAGE  / FINALE

23/03/15 Für einen letzten Abend füllt sich der Saal im Gasthaus Grimming am Samstag (21.3.). Begrüßt wird das Publikum von der Intendanz Schütz/Mittermayer mit freundlichen Worten und von den überraschend eigenwilligen Klängen von Franz Pillingers „EastWest“ aus dem Zyklus „TRAKLoops“. Der Publikumsandrang macht auch 2015 wieder live-Übertragungen nötig.

Von Judith Ralser, Valerie Schöberl

Raoul Schrott teilt den Raum nach der kurzen Einleitung von Ines Schütz sofort in historische Karten ein. Der Platzwirt und all seine via Leinwand lauschenden Besucher werden zu Euböa. Vor dem live-Publikum im Gasthof Grimming türmt sich der Berg Helikon auf, auf dem der Autor sich niederlässt. Schrott selbst hat der Wanderung zum Brunnen Hippokrene, welche er anekdotisch vorträgt und mit zahlreichen historischen Informationen ergänzt, auf jeden Fall zu dichterischem Erfolg verholfen. Er entführt die aufmerksamen Zuhörer mit kraftvoller Stimme und schnörkelloser Sprache in das Griechenland und die Götterwelten der Antike. Schrotts Lesung schließt mit Prometheus aus seiner eigenen Übersetzung der „Theogonie“ von Hesiod.

Christa Gürtler leitet elegant zu Olga Grjasnowa über: Diese liest aus ihrem Roman „Die juristische Unschärfe einer Ehe“. Mag man sich darunter anfangs wenig vorstellen können, so entstehen beim Zuhören nach und nach klarere Bilder. Mit leiser, ruhiger Stimme und erfrischender Sprache erzählt sie von Wünschen, fremden Gegenden, vergangenen Zeiten, erzählt vom Zusammenfinden so verschiedener und doch so ähnlicher Menschen, von verlorener und gewonnener Liebe, Homosexualität, Geld, Bestechung - und eben von der juristischen Unschärfe einer Ehe.

Im Gespräch berichtet die in Aserbaidschan geborene und heute in Berlin lebende Autorin von ihren eigenen Schwierigkeiten in Deutschland und von der Absurdität von Rechtssystemen. Sie lockert trotz des Ernsts der angesprochenen Themen die Stimmung auf, indem sie meint, selten so viele unglückliche Menschen gesehen zu haben, wie auf dem Standesamt.

Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn vergibt schließlich keinen Lorbeerkranz – den von Raoul Schrott erwähnten Preis für Dichter in der Antike - sondern den mit 8000 Euro dotierten Rauriser Literaturpreis an Karen Köhler für ihren Erzählband „Wir haben Raketen geangelt“.

Köhlers Texte bestechen vor allem durch ihre „leicht verpackte schwere Kost“ und diese Lockerheit strahlt auch die Autorin selbst aus, als sie die Bühne betritt und sofort das Publikum für sich einnimmt. (Der Preis ist ja heuer, wie berichtet, wegen einer Terminkollision ausnahmsweise nicht schon am Eröffnungstag überreicht worden, Anm.)

Ihr Text über Rauris - verpackt in kurze kommentarähnliche Aussagen der früheren Preisträgerinnen und Preisträger über ihren „Rauris8000“, ein Gerät, welches offenbar bei allen als äußerst zufrieden stellend mit fünf von fünf Sternen bewertet wurde - sorgt für Erheiterung. Sie freue sich nun schon auf ihren Rauris8000, schließt die Autorin und beginnt dann mit ihrer Lesung. Karen Köhlers langjährige Tätigkeit als Schauspielerin ist spürbar, als sie ihre Erzählung „Il Comandante“ beinahe zu spielen beginnt. Anhaltender Applaus zeigt die Wirkung ihrer Lesung auf die Anwesenden und deren Begeisterung.

Die Rauriser Literaturtage schließen am Sonntag (22.3.) mit O.P. Ziers Schreibwerkstatt mit Einheimischen und mit seiner Lesung aus „Die Komplizen des Glücks“. Das Thema MEHR.SPRACHEN wird ein letztes Mal aufgegriffen, dieses Mal jedoch vor allem in den Unterschieden zwischen Dialekt und Hochsprache. Aber auch Jugendsprache und Multilingualität werden in kurzen und erheiternden Episoden dargestellt.
Die spannenden Eindrücke von den Rauriser Literaturtagen werden bleiben. Doch - um zum Abschluss die Preisträgerin Karen Köhler zu zitieren - „Zeit fließt nur in eine Richtung. Nur nach vorn. Nur in die Zukunft.“

Die 45. Rauriser Literaturtage sind am Sonntag (22.3.) zu Ende gegangen – www.rauriser-literaturtage.at auf Facebook und Twitter 

Für DrehPunktKultur berichteten aus Rauris Studentinnen und Studenten von Christa Gürtler, die im Rahmen der Lehrveranstaltung „Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2015)“ am Fachbereich Germanistik an den Rauriser Literaturtagen teilnehmen.

Bilder: David Sailer/David Sailer IMAGES/davidsailer.viewbook.com

 

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