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Die Seele ist ein verbogener Knochen

LITERATURHAUS / STEMBERGER, STEINER

01/02/11 Eine Künstlerbiographie, versetzt mit pointiert formulierten Bildbeschreibungen, eine Liebeskomödie, die eine Tragödie bleiben muss, und eine Kriminalgeschichte, deren Ende den Zuhörern vorenthalten bleibt – Wilfried Steiner bringt die drei Register in einem Roman zusammen.

Von Magdalena Stieb

So unterschiedlich und vielseitig sei das, wie auch eine Filmmusik für seinen Text ausfallen müsste, sagt der Autor nicht unkokett. Wilfried Steiner präsentierte mit seiner langjährigen, inspirierenden Freundin Julia Stemberger am Montag (31.1.) im Literaturhaus seinen neuen Roman „Bacons Finsternis“ (Deuticke Verlag, 2010) und setzt ungeahnte, durchaus unterhaltsame Akzente in der Auseinandersetzung mit Francis Bacon.

Als narratives „Bindemittel“ dient die Kunst Bacons. Der Autor lässt sich von der Abgründigkeit und Faszination des Unheimlichen der Werke berühren und nutzt sie, die Erzählstränge zu verbinden. Mit eindringlichen Bildbeschreibungen, den verstörenden Charakter der Werke Bacons gekonnt spiegelnd, ermöglicht Steiner dem von seiner Ehefrau verlassenen Protagonisten Arthur Valentin zu einem neuen Anfang zu finden. Die Aspekte des Grausamen, die er gemeinsam mit seiner Frau Isabell in keineswegs „spießigen“ Abenden mit Filmen von David Lynch und anderen todesversessenen Regisseuren verbringt, wecken Erinnerungen Arthurs an eine Ehe, die in seinen Augen nicht völlig von Eintönigkeit und Enge gezeichnet war. Doch so ihm Francis Bacon mit seinen Triptychen Vergangenes vor Augen ruft, so weist er Arthur auf neue Wege.

Die Betrachtung der Gemälde im Kunsthistorischen Museum erweist sich als ein synästhetisches Erlebnis, Steiner lässt Arthur mit seiner Wahrnehmung verschmelzen; die Bilder scheinen in Bewegung begriffen. Jeden Zentimeter der Gemälde mit seiner Beschreibung abtastend, lässt der Erzähler sie vor den Augen des Lesers neu entstehen und entlockt ihnen mit dieser mikroskopisch genauen Analyse des Sichtbaren zugleich einen unsichtbaren Sinn, der sich Arthur erschließt. Vorzüglich versteht es Steiner nicht nur gemalte Sujets humorvoll nachzuvollziehen, ein Sinn für kleinste Details lassen angegammelte Berliner Wohnungen mit „Staublurchen“ und gerade verendeten, am gerahmten Bild klebenden Fliegen lebendig werden.

So ihm Bacon vorerst Erinnerungen entlockt, lässt er Arthur auch seine Exfrau Isabell vergessen. Arthur beschließt, Bacons Bildern nachzureisen, gelangt nach London, Basel, Berlin. In seiner Flucht vor „seiner“ Isabell wird er jedoch gerade vor Bacons Isabell von 1966 auf eben jene treffen. An solchen heikel-satirischen Punkten im Roman haben Wilfried Steiner und besonders Julia Stemberger alle Potentiale des Textes vergnüglich ausgereizt.

Mit treffsicherem Humor, großem Kunstverständnis und Sinn für Spannung ist Steiner ein zugleich unterhaltsamer wie fesselnder Roman gelungen. Die treffenden Beschreibungen der Bilder der „alten Tunte“ lassen einen das von Margaret Thatcher gesprochene Urteil über die Kunstwerke, sie seien hässlich, überdenken.

Bilder: Literaturhaus Salzburg / Heribert Corn (1); Ruth Kappus (1)

 

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