Grandiose Literatur grandios performt
PREIS DER LITERATURHÄUSER
22/03/24 Fiston Mwanza Mujila, 1981 in Lubumbahi, Kongo geboren, lebt und arbeitet seit Jahren in Graz, schreibt Lyrik, Prosa und Theaterstücke und unterrichtet Literaturen afrikanischer Länder an der Universität Graz. Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2024 an Fiston Mwanza Mujila.
„Und was den Roman betrifft, würde ich sagen, die Wahrheit zeigt sich nicht in dem, was passiert, also in der Handlung, sondern in der Sprache“, das sagt Fiston Mwanza Mujila in einem Interview auf der Webseit des Hanser Verlages. „Die Wahrheit liegt nicht unbedingt in der Absicht des Erzählers, sie liegt im Rhythmus, in der Emotion, die durch die Lektüre des Textes ausgelöst wird. Für mich ist es wichtig, über diesen Roman zu transportieren, dass man einen Roman schreiben kann, ohne einen Roman zu schreiben. Bei Tram 83 steht die Handlung nicht im Vordergrund, aber man muss bis zum Schluss lesen. Es ist nicht die Handlung, sondern die Emotion, die die Lektüre des Textes bedingt.“
Fiston Mwanza Mujila erhält den Preis des Netzwerks der Literaturhäuser. „In seinen Romanen holt Fiston Mwanza Mujila afrikanisches Großstadt-Leben in den Text – einmal ist es der legendäre Club Tram 83, einmal sind es Minen, in denen Menschen unter unwürdigen Bedingungen arbeiten. Es geht um Chaos, Krieg und Diktatur – und das Über-Leben der Menschen“, so das Netzwerk der Literaturhäuser, dem auch das Literaturhaus Salzburg angehört, in der Laudatio. Fiston Mwanza Mujilas Texte seien durchzogen von Rhythmus und Musik, „und auch seine Bühnenauftritte sind aufsehenerregend“. Die lebendige Vermittlung von Literatur ist ja beim Preis der Literaturhäuser ein wesentliches Kriterium: „Er liest seine Texte, er lebt sie – schreit, ruft, lamentiert, flüstert oder singt. Zugleich gibt er klug und zugewandt Auskunft über sein Schreiben, sucht das Gespräch und den Austausch – und vermag das Publikum in kurzer Zeit für sich zu gewinnen.“
Für seinen 2016 erschienenen Debütroman Tram 83 erhielt er zahlreiche Preise, darunter den Internationalen Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt. Zuletzt erschien 2022 Tanz der Teufel ebenfalls bei Zsolnay.
Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Fiston Mwanza Mujila „als Autor, der sich in hohem Maße um den einmaligen Charakter von Literaturveranstaltungen verdient macht“.
Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner 2002, Bodo Hell 2003, Peter Kurzeck 2004, Michael Lentz 2005, Uwe Kolbe 2006, Sibylle Lewitscharoff 2007, Anselm Glück 2008, Ilija Trojanow 2009 , Thomas Kapielski 2010, Elke Erb 2011, Feridun Zaimoglu 2012, Hanns Zischler 2013, Judith Schalansky 2014, Nicolas Mahler 2015, Ulf Stolterfoht 2016, Terézia Mora 2017, Jaroslav Rudis 2018, Antje Rávik Strubel 2019, Marlene Streeruwitz 2020, Ingo Schulze 2021 und Sasha Marianna Salzmann 2022.
Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert und wird heute Freitag (22.3.) auf der Leipziger Buchmesse verliehen. Ein Sonderpreis des Netzwerks der Literaturhäuser geht heuer an die Slawistin und Übersetzerin Claudia Dathe „für ihre herausragenden Übersetzungen aus dem Russischen und Ukrainischen, etwa von Serhij Zhadan, Yevgenia Belorusets oder Tanja Maljatschurk“. Geehrt werde „die ebenso kenntnisreiche und wie engagierte Vermittlung der ukrainischen Kultur, insbesondere der Literatur, im gesamten deutschsprachigen Raum“.
Claudia Dathe koordiniert hauptberuflich das Forschungsverbundprojekt European Times an der kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. Sie gehöre, so die Laudatorinnen, „seit der Annexion der Krim zu den lebhaftesten Organisatorinnen vielfältiger Veranstaltungen zur ukrainischen Gegenwartsliteratur“. (Literaturhaus Salzburg / dpk-klaba)
www.literaturhaus.net
Bilder: LHS / Richard-Haufe-Ahmels; Paul-F. Martin