Der Autor und seine Noten
LITERATURHAUS / MARIA GEORG HOFMANN
21/01/10Als Musikerin und Gründerin der Paul Hofhaymer Gesesllschaft ist Maria Georg Hofmann in Salzburg viel bekannter, denn als Autorin. Nun hat das Literaturhaus das vielschichtige literarische Werk Hofmanns gewürdigt.Von Heidemarie Klabacher
„Jawohl, auch ein Fötus hört gewisse Töne bereits im Mutterleib: das Pumpen des Herzens, seiner Trägerin: ein Grundrhythmus, und, wenn er hellhörig ist, auch Töne vom Musik; in der Nähe einer Kirche die Glocke, und in der der Nähe der Kaserne den Zapfenstreich - vorausgesetzt, daß das Wachsen und Gedeihen in dem mütterlichen Dunkel auf dem Gebiet der Monarchie stattfindet, oder in Ungarn, das nach 1918 noch bis Kriegsende ‚Monarchie spielte’, eine eigenartige Monarchie ohne König, doch mit einem Marine-Admiral an ihrer Spitze dies in einem Land ohne Meer.“
Als Musikvermittlerin oder Ensembleleiterin ist Maria Georg Hofmann in Salzburg viel bekannter, denn als Dichterin und Schriftstellerin: Sie hat 1976 die „Internationale Paul Hofhaymer Gesellschaft“ gegründet, bis vor wenigen Jahren geleitet und ihr ihren bis heute unverwechselbaren Stempel aufgeprägt. Die Konzerte mit ganz alter und ganz neuer Musik haben aufhorchen lassen, schon lang bevor „cross over“ modern wurde.
Auch das dichterische Werk von Maria Georg Hofmann ist voller Musik. Im Sprachfluss und in den Motiven: Das Eingangszitat ist aus dem Roman „Der Auftritt des linkshändigen Dichters Alexander Galajda“. Auch im Kapitel „Wohnen in Salzburg“ aus dem noch unfertigen Romanmanuskript „Königskinder, Friedenskinder“ geht es um Musik, ums Komponieren: Wie der lärmende Pianist durch die empört „Ruhe!“-klopfenden Nachbarn zum Komponisten wurde, ist eine Schilderung voll Witz und Ironie. Elegant nimmt die Musikerin Hofmann die Reihenbildung der Zwölf- und die Klangvorstellungen der Mikrotöner und Spektralisten auf's Korn.
Am Mittwoch (20.1.) haben Tomas Friedmann und das Literaturhaus Salzburg zu einer Hommage für die Autorin Maria Georg Hofmann geladen. Drei namhafte Laudatoren haben Dichterlorbeer gereicht. Keine leichte Aufgabe, diesen loszuwerden - den Selbstironie und ironische Distanz zum eigenen Tun sind hervorstechende Merkmale Hofmanns.
Autoren-Kollegin Elke Schmitter las Ausschnitte aus „Königskinder, Friedenskinder“, in dem es um sich auflösende Paarbeziehungen geht. Schmitter sprach von der Komplexität, „die immer heruntergebrochen wird, auf einen Einzelnen“. Rühmte Hofmanns poetisch bizarre Sprache, „die nicht auf die Streckbank eines Vorhabens gespannt“ werde. Und wollte im Gespräch mit der Autorin wissen, wie man denn zu solchen Texten kommt. „Nun“, sagte Maria Georg Hofmann nach einigem nachdenkendem Gemurmel. „Ich denke mir das vorher aus, und dann schreibe ich es runter…“
Was sie sonst noch so „runter geschrieben“ hat, haben Lutz Hochstraate für das Theater- und Anton Thuswaldner für das Prosa-Werk zusammengefasst und gewürdigt.
2002/03, in seiner vorletzten Spielzeit als Intendant des Landestheaters, stand „Bulgakov oder Der Dichter und sein Diktator“ von Maria Georg Hofmann auf dem Spielplan, erinnerte Hochstraate. Das sei kein historisches Stück, obwohl historische Persönlichkeiten auftreten. „Es ist die Geschichte einer Gesellschaft, die unter Angst lebt, und sich nicht mehr traut, sich zu entfalten.“ Hochstraate sprach von Hofmanns „Empfindlichkeit für gesellschaftliche Entwicklungen, die weit in die Zukunft reicht“.
1995 ist der (inzwischen leider vergriffene) Roman „Der Auftritt des linkshändigen Dichters Alexander Galajda“ bei Otto Müller erschienen. Was ist in diesem Jahr sonst noch erschienen, fragte der Literaturkritiker Anton Thuswalnder. Er fand: Peter Roseis „Personen“, Michael Köhlmeiers „Telemach“, Elisabeth Reicharts „Nachtmär“, Peter Turrinis „Schlacht um Wien“ oder Georg Taboris „Die Massenmörder und ihre Freunde“.
„In diesen Kontext trat die damals 62jährige Debütantin mit ihrem Roman „Der Auftritt des linkshändigen Dichters Alexander Galajda“. Die Figuren in dieser Geschichtsanalyse aus der Sicht eines Kindes würden nicht "erhöht": „Es sind Krämerseelen, denen mehr zugemutet wird, als ihnen zusteht.“ Trotz des realen Schreckens dieser Kindheit in der ungarischen Provinz gebe es auch hier Hofmanns „Hang zur Groteske“: „Das Leben ist unordentlich. Warum soll ein Roman Ordnung schaffen?“