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Biosphäre seiner Bücher

RESIDENZ VERLAG / LITERATURARCHIV

31/07/19 "Die Geschichte eines Verlages kann nichts anderes sein als die Geschichte seiner Bücher.“ Wolfgang Schaffler, der Gründer des Residenz Verlags wird damals sicher recht gehabt haben. Im Literaturarchiv Salzburg wird mit einer Ausstellung an Entstehung und die jungen Jahre einer literarischen Biosphäre erinnert.

Von Franz Jäger-Waldau

In einer von zwölf Vitrinen liegt hinter Glas ein locker eingetippter Brief – ein junger Peter Handke schreibt an eine Verlagslektorin: „Eine junge Wienerin, die ich nicht persönlich kenne, Frl. Elfriede Jelinek, würde noch gern was schreiben. Sie schreibt guten Sachen (?) Für den Fall des Ausfalls man sie doch fragen, ob. [...] Horrorgeschichten von Frauen sind ja an sich interessanter.“ Dass Handke selbst zu dieser Zeit nicht stattdessen salutieren oder gleichschrittgehen muss, verdankt er der Verbindung mit dem Residenz Verlag, dessen Fürsprache ihn von seiner Wehrpflicht befreit. Das goldene Zeitalter des Verlags ist von Ambition, glücklichen Entpuppungen und günstigen Skandalen gezeichnet. Sein erster Erfolg: Wedeln – Schilauf in Österreich von Clemens Hutter. Von dort an bergauf schafft er es, während der orgiastischen Evolution der österreichischen Literatur im 20. Jahrhundert einen Lebensraum für deren Protagonisten zu schaffen. Seit den späten 1960er-Jahren, dem Beginn der umfassenden literarischen Produktion, werden seine AutorInnen auch außerhalb der Landesgrenzen wahrgenommen und in weiterer Folge häufig übersetzt.

Die Ausstellung „Residenz – Frühe Jahre eines Literaturverlags“ dokumentiert die Gründungs- und Aufbauphase des Verlags anhand von Zeitzeugnissen wie Werkmanuskripten, Notizen, Korrespondenzen, Fotos, Rezensionen oder Erstausgaben aus dem im Literaturarchiv Salzburg aufbewahrten Archiv. „Wir wollen als Literaturarchiv eine Bilanz der kulturellen Großleistungen in diesem Land erstellen“, meint Manfred Mittermayer, Leiter des Archivs, bei der Eröffnung.

Ausgangspunkt sind zwei zentrale Persönlichkeiten, die beide 2019 ihren 100 Geburtstag feiern würden: Wolfgang Schaffler (1919–1989) gründet in Salzburg bereits 1945 gemeinsam mit Alois Hofmann den „Festungs-Verlag“ und macht sich 1956 mit der Marke „Residenz“ selbstständig. Rudolf Bayr (1919–1990), ein Autor und Übersetzer aus dem Griechischen, beginnt 1961 als Lektor, Gutachter und Berater seine Zusammenarbeit mit dem Verlag. Auf ihn geht wesentlich auch das seit 1967 erfolgreiche Literaturprogramm des Verlags zurück: Bücherblüten wie etwa H.C. Artmanns Grünverschlossene Botschaft. 90 Träume, Peter Handkes Begrüßung des Aufsichtsrats sowie Andreas Okopenkos Die Belege des Michael Cetus verzieren die Verlagsjugend.

Weitere Stationen der Ausstellung beschäftigen sich mit der von Peter Handke herausgegebenen Anthologie Der gewöhnliche Schrecken. Neue Horrorgeschichten (1969), seiner Erzählung Wunschloses Unglück (1972). „Wir sind von Narren u. Gemeinheit umstellt. Also stelle ich mich“, schreibt der erfolgreichste Salzburger Wutbürger an Schaffler. Thomas Bernhards „Ursache“ dürfe nicht geändert werden, „es bleibt alles, wie es ist, und ich lasse es auf einen Prozess ankommen.“ Neben jenen Flaggschiffen zeigt die Ausstellung auch Texte, Briefe und Dokumente anderer bedeutender AutorInnen wie Gerhard Amanshauser, Alois Brandstetter, Barbara Frischmuth, Gerhard Fritsch, Franz Innerhofer, Gert Jonke, Alfred Kolleritsch, Peter Rosei oder Jutta Schutting. Einzelne Ton- und Filmdokumente sowie eine Bildschirmpräsentation des literarischen Verlagsprogramms bis 1975 runden die Schau ab.

Kuratiert wird die von Gerhard Spring und Gerold Tagwerker gestaltete, in Kooperation mit dem Residenz Verlag veranstaltete Ausstellung von Bernhard Judex, Martin Huber und Manfred Mittermayer. Begleitend erscheint eine reich bebilderte Broschüre mit erläuternden Texten.

Frühe Jahre eines Literaturverlags. Vom 30.7. bis 30.8.2019, Mo–Fr: 10–18 Uhr; Sa, So, Feiertag: 13–18 Uhr im Literaturarchiv Salzburg. Eintritt ist frei.

Bilder: Wolfgang Weber / Residenz Verlag, Franz Jäger-Waldau.

 

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