asdf
 

"Geschenke" mit Hakenkreuz-Stempel

HINTERGRUND / RESTITUTION

 27/01/17 „Geschenk des Conradinums, Eugendorf“, steht handschriftlich unter dem Hakenkreuz-Stempel der „Studienbibliothek Salzburg“. So etwas stimmt mit Fug und Recht misstrauisch. Mit der Freiwilligkeit dieses „Geschenks“ war es nicht weit her.

Die Universitätsbibliothek der Salzburger Paris-Lodron-Universität restituiert vierzig Druckwerke aus dem 16. bis 19. Jahrhundert und zehn handschriftliche Manuskripte (19. Jahrhundert) aus dem Konradinum Eugendorf an das Land Salzburg.

Das Konradinum, eine Pflegeeinrichtung für Menschen mit schwerer geistiger oder mehrfacher Behinderung, war kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten aufgelöst worden. Die Pfleglinge wurden vorerst in andere Heime gebracht und später in Hartheim ermordet. Ein Teil der dort verwahrten Bücher des Gründers der Einrichtung, Konrad Seyde, kam in die Studienbibliothek, Vorgängerin der heutigen Universitätsbibliothek.

Der Begründer des Konradinums, Konrad Seyde, hatte als Pfarrer im 19. Jahrhundert die schwierige Lebenssituation von schwerbehinderten Kindern hautnah miterlebt und beschloss daher, seinen Alterssitz in Eugendorf mit Garten und Wertpapieren zur „Verbesserung der öffentlichen Fürsorge“ von schwerbehinderten Kindern und Jugendlichen zu stiften. Konrad Seyde selbst erlebte die Eröffnung seiner Einrichtung 1907 nicht mehr. Mit der Pflege der Kinder betraute das Land Salzburg als Stiftungsbehörde die Kongregation der Barmherzigen Schwestern des Heiligen Vinzenz von Paul. Seydes „reiche Büchersammlung“ sollte nach dem Willen des Stifters für immer im Haus bleiben. Obwohl keinerlei Besitzvermerke auf den früheren Eigentümer hinweisen, brachte die Forschungsarbeit der Bibliothekarin und Provenienzforscherin Irmgard Lahner Licht in die Herkunft der Werke. Sie werden nun restituiert, da sie nicht rechtmäßig in den Besitz der Universitätsbibliothek gelangt sind.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs und der Beschlagnahmung des Gebäudes durch die Nationalsozialisten blieben die Bücher der Bibliothek Seydes vorerst unbeachtet. Erst 1940 wurden sie dem Leiter der Studienbibliothek, Ernst Frisch, angeboten. Dieser übernahm etliche Bände – die restlichen sollten „zwecks nutzbringender Verwendung einer Papierstampfe“ überlassen werden. Die ausgewählten Bände wurden mit dem Vermerk „Geschenk des Conradinums“ versehen und fanden ihren neuen Platz im Magazin der Studienbibliothek. Als „wertvollstes Stück des ganzen Bestandes“ beurteilte Frisch die Tagebücher Konrad Seydes aus den Jahren 1853-1858. Von den zehn Manuskripten stammen neun aus der Hand Seydes, in gestochener Schrift verfasst und teilweise mit Zeichnungen liebevoll gestaltet. Die Druckwerke stammen aus dem 17.–19. Jahrhundert, manche davon sind mit dem Besitzzeichen eines Erzbischofs versehen. Sie zeugen vom breiten Interesse ihres früheren Besitzers, das von Salzburger Lokal- und Kunstgeschichte über antike Literatur bis zur französischen Revolution und dem „Linzer Kochbuch“ reichte.

Das Konradinum wurde nach umfangreichen Renovierungsarbeiten im Jahr 1950 wieder eröffnet. Im Jahr 1988 wurde eine Gedenktafel mit der Inschrift angebracht: „Den Kindern, die im Jahre 1938 nach dem Anschluß Österreichs aus dem Konradinum weggebracht wurden, zum Gedenken, uns zum Bedenken. Eugendorf, am 15. März 1988“. (UB Salzburg)

Die Handschriften und Druckwerke werden nun in einem Festakt an das Land Salzburg als Rechtsträgerin der Pflegeeinrichtung übergeben: am Dienstag (31.1.) um 18 Uhr in der Bibliotheksaula (Universitätsbibliothek)
Bilder: Universitätsbibliothek Salzburg

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014