Wasserglas in Scherben?
25 JAHRE LITERATURHAUS / LITERATURFORUM LESELAMPE
14/10/16 Wäre es nicht so jung, aktuell und vielseitig müsste man vom Literaturforum Leselampe als der „Grand Dame“ der Salzburger Literaturszene reden. 1968 im Umfeld der Germanistik gegründet, wagte auch die Leselampe im Jahr 1991 einen Neubeginn im Literaturhaus Salzburg. Amanshauser, Bachmann, Grass, Jelinek, Mayröcker oder Wolf: Sie alle waren zu Gast bei der Leselampe.
Von Heidemarie Klabacher
„Die Kooperation mit der Universität und dem Fachbereich Germanistik sucht die Leselampe bis heute“, sagt Christa Gürtler beim Pressegespräch zum Jubiläum „25 Jahre Literaturhaus Salzburg“. „Alle, die bei der Leselampe arbeiten, sind Absolventen der Universität Salzburg.“ So auch die junge Germanistin Magdalena Stieb: Sie ist die Nachfolgerin von Christa Gürtler als Leiterin des Literaturforums Leselampe. „Literaturvermittlung ist mehr als Autorenlesung. Vermittlung ist extrem wichtig, denn gerade Gegenwartsliteratur ist ja nicht immer leicht zu lesen.“
Christa Gürtler, Leiterin der Leselampe von Herbst 1997 bis Herbst 2016, hat viele neue Formate konzipiert: „Literarisches Quartett, Diskussionen, Schreibwerkstätten, Literaturfahrten, Literaturfrühstück oder das Projekt ‚Welt.Stadt.Salzburg‘ stellen das Ereignis Literatur auf unterschiedliche Weise in den Mittelpunkt“, so Christa Gürtler. „Diesen Weg werden Barbara Stasta und Magdalena Stieb zukünftig fortsetzen.“
Mit vielfältigen Veranstaltungen und der Literaturzeitschrift SALZ werde das Leselampe-Team die Frage nach Literatur und ihrer Vermittlung immer wieder neu stellen: „Auch das Wasserglas findet seinen Platz.“
Das verflixte Wasserglas. Dieser Tage fast schon ein running gag. Das Wasserglas stand weiland auf einem kleinen runden Tischlein, daran ein Autor saß oder eine Autorin und, von einem einsamen Scheinwerfer schüchtern beleuchtet, aus einem Buch vorlas: Die Wasserglaslesung.
Sie allein tut es längst nicht mehr in der überbordenden Literaturszene. Oder?
„Literatur braucht keine Lesungen. Literatur kann, oft am besten, im Stillen gelesen werden, für sich. Autorinnen und Autoren müssen keine guten Interpreten ihrer eigenen Texte sein. Es braucht für das ‚Ereignis Text’ das ‚Ereignis Veranstaltung’ nicht. … Es braucht auch keine Institutionen. Es braucht auch kein Wasserglas.“ Das schreibt ausgerechnet Teresa Präauer, ein Shootingstar der Österreichischen Literaturszene, Absolventin der Germanistik in Salzburg – zudem eine der coolsten selbstbewusstesten Performerinnen eigener Werke.
Die junge Autorin meint es natürlich nicht so wörtlich, mit ihrer Absage ans Wasserglas: „Lesungen sind Ereignisse. Darin unterscheiden sie sich vom geschriebenen Text, der im Stillen gelesen wird. Ich liebe es, Text für mich zu lesen. Ich brauche keine Vermittlung. Aber ich höre doch auch, dass Menschen immer weniger Texte lesen. Dass es der Vermittlung bedarf. Insofern sind wir Autorinnen und Autoren also eingespannt in diesen Vermittlungsprozess im Dienst der Sache der Literatur.“
Zu den Ersten, die sich in Salzburg in den Dienst der Literatur gestellt haben, gehört das 1968 von einer Gruppe um den Germanistikprofessor Josef Donnenberg gegründete „Literaturforum Leselampe“. Dazu die langjährige Leiterin, die Literaturvermittlerin Christa Gürtler: „In seinem fast fünfzigjährigen Bestehen hat sich der Verein stets als Ort der Auseinandersetzung mit Literatur, speziell Gegenwartsliteratur verstanden.“ Autorinnen und Autoren, die im Schein der Leselampe gelesen haben, haben seither Literaturgeschichte geschrieben, wie etwa Gerhard Amanshauser, Ingeborg Bachmann, Elias Canetti, Péter Esterházy, Günter Grass, Peter Handke, Franz Innerhofer, Elfriede Jelinek, Friederike Mayröcker, Herta Müller, Gerhard Rühm, Ljudmila Ulitzkaja, Martin Walser oder Christa Wolf.
„Mit großen Engagement“ habe man an diese Literatur-„Ereignisse“ der frühen Jahre angeschlossen, so Christa Gürtler. „Die Liste der Gäste ist auf rund 580 Autorinnen und Autoren angewachsen, und manch einer hat wie Wolf Haas seinen ersten Leseauftritt bei der Leselampe absolviert.“
Mit der Literaturzeitschrift SALZ habe sich die Leselampe eine weitere Möglichkeit erschlossen, Texte zu vermitteln: die 1975 gegründete Literaturzeitschrift SALZ erscheint seit dem zweiten Jahrgang viermal jährlich, gestaltet jeweils von bildenden Künstlerinnen und Künstlern. Wird – mit Porträts der einzelnen Literatureinrichtungen – fortgesetzt.