Einkaufen statt Feiern
LESEPROBE / SALZBURGER BRAUCH
07/12/17 Man kann es durchaus so sagen: Einkaufen am 8. Dezember, der eigentlich ein Feiertag wäre, ist längst der Brauch. Genau darum hat DrehPunktKultur-Chefredakteur Reinhard Kriechbaum in seinem im Vorjahr erschienenen Buch „Salzburger Brauch“ auch dem 8,. Dezember ein Kapitel gewidmet. Wer weiß heute noch, worum es zu „Maria Empfängnis“ wirklich geht?
Von Reinhard Kriechbaum
Der Sinn des „Hochfests der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“ – volkstümlich sagt man „Maria Empfängnis – ist ob seiner theologischen Spitzfindigkeit schwer zu vermitteln. Seit der Tag zu einem der wichtigsten Tage im Weihnachtsgeschäft geworden ist, geht’s eigentlich gar nicht mehr.
Neue Gepflogenheiten verlangen neue Rituale: Im Europakloster Gut Aich in St. Gilgen setzt man am Vormittag des 8. Dezember eine Segensfeiern für Schwangere an. Es gehe darum „dem wachsenden Kind etwas Gutes zu tun, ihm und den Eltern segensreiche Worte, Gedanken und Gesten für die bevorstehende Zeit mit auf dem Weg zu geben“, so die einladenden Worte der Benediktiner dort. Die Erzdiözese Salzburg hat für die Gestaltung derartiger Schwangerensegnungen einen eigenen Behelf herausgegeben, mit weiterer Verbreitung ist also zu rechnen.
In einer Zeit, da das Religionsverständnis rapide abnimmt, muss man „Maria Empfängnis“ (neun Monate vor Maria Geburt, am 8. Dezember) erklären. Es geht nicht um den Besuch des Engels Gabriel bei Maria und die jungfräuliche Geburt Jesu. Die Gottesmutter selbst muss frei sein von Erb-Sünde, also „unbefleckt“ von ihrer Zeugung weg. Erst spät, 1854, wurde dies als Dogma von Papst Pius IX verkündet.
Der Feiertag hat in Österreich eine bewegte Geschichte, und hoch ist der Salzburg-Anteil bei seiner De-facto-Abschaffung: Die Wiedereinführung des 8. Dezembers als Feiertag (Hitler hatte ihm den Garaus gemacht) war ein frühes Beispiel für „Basisdemokratie“ in Österreich. 1,5 Millionen Menschen beteiligten sich 1955 an einer Unterschriftenaktion. Vor allem in grenznahen Gebieten klagte die Wirtschaft freilich alsbald über einen Kaufkraftsabfluss ins Ausland (in Bayern ist der 8. Dezember kein Feiertag), und so erließ Landeshauptmann Wilfried Haslauer senior 1984 eine Verordnung zum Offenhalten der Geschäfte. Das hatte ein Nachspiel vor dem Verfassungsgerichtshof. Das Thema war über Jahre heiß umstritten und ging letztlich anders aus, als kirchennahe Kreise sich das vorgestellt hatten: Seit 1995 dürfen die Geschäfte am 8. Dezember offen halten, und das einheitlich in allen Bundesländern.
2015 gab Manuel Mayer, Geschäftsführer vom Europark in Salzburg, die Zahl der Einkaufenden mit 30.000 in acht Stunden an – das Votum der Menschen geht also eindeutig gegen den Feiertag aus.