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Die „große Sterb“: über Jahrhunderte ein Angstthema

BUCHBESPRECHUNG / DIE PEST IN SALZBURG

12/12/13 Eine Regulierung der Bevölkerungszahl durch Geburtenkontrolle war kein Thema: Dafür sorgte nicht nur die hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit. Auch Seuchen – und da allen voran die Pest – sorgten dafür, dass in regelmäßigen Abständen die Bewohnerzahl ganzer Landstriche dezimiert wurde.

Von Reinhard Kriechbaum

017Das Wort „Kontumaz“ wird vermutlich wenigen heutigen Menschen etwas sagen. So bezeichnete man in früheren Jahrhunderten nördlich der Alpen die Quarantäne. Dieses Wort leitet sich übrigens von der Zahl vierzig ab, „Quarantina“ hieß die erste derartige Anstalt, wo neu angekommene Menschen so lange unter Beobachtung gehalten wurden. Eben um die Verbreitung der Pest zu verhindern. Die erste „Quarantina“ gab es 1374 in Venedig. Bald darauf landeten auch in der Seerepublik Ragusa (Dubrovnik) Menschen, die aus Pest-Gebieten anreisten, für einen Monat auf einer Insel vor der Stadt.

Alle Bemühungen waren letztlich vergebens. Die Pest flackerte über Jahrhunderte immer wieder auf, in gewaltigen Schüben und in Form lokal begrenzter Epidemien. In Salzburg gab es bereits in der fürsterzbischöflichen Infektionsordnung aus dem Jahr 1547 die erste Anweisung für eine Quarantäne, hier also für eine „Kontumaz“: Bürger, die sich in von der Pest befallenen Gebieten aufgehalten hatten, sollten die Stadt 14 Tage lang nicht betreten dürfen. Den Gesunden wurde damals befohlen, einen Monat lang Straßen, Märkte und Bäder zu meiden. Auch Kirchen, bemerkenswerterweise.

Die Pest in Salzburg: Auf dem Verwaltungsgebiet des römischen Iuvavum findet sich der erste Hinweis auf Pest-Tote im 2. Jahrhundert. Seuchen – welcher Art auch immer – sind auch für die frühmittelalterlichen Jahrhunderte bekundet. Als die ersten Pestjahre gelten 1156/57 und 1167. Da schien es Erzbischof Eberhard I. angeraten, auf die Festung zu übersiedeln.

Die „große Sterb“, „laidige Contagion“ (oder wie immer man die Epidemien bezeichnete) brach über Jahrhunderte immer wieder aus. Als „schröckliches“ Jahrhundert  galt das siebzehnte, woran die Heeresbewegungen des Dreißigjährigen Kriegs nicht geringen Anteil hatten. Noch vor dreihundert Jahren wütete in Salzburg die Pest: Die letzte Pestwelle grassierte hierorts 1713/14.

Der Salzburger Kinderarzt Leopold Öhler hat nach seiner Pensionierung Geschichte studiert. Das Buch „Die Pest in Salzburg“ beruht auf seiner Dissertation. Erstaunlich ist, dass wichtige Einrichtungen unseres heutigen Gesundheitswesens aus der Pestzeit stammen – das Gesundheitsamt oder das Epidemiegesetz, das Isolierung, Quarantäne, Raumdesinfektion oder Absperrung ganzer Gebiete regelt.

Vor allem die Pestepidemien in der Stadt Hallein schildert Leopold Öhler sehr ausführlich, und da bekommt man einen sehr lebendigen Eindruck von den Auswirkungen auf den Alltag und auch auf menschliche Schicksale. Der kulturgeschichtliche Aspekt kommt insgesamt vielleicht ein wenig zu kurz – aber den Autor hat als Arzt die „angewandte“ Seite der Seuche, ihre Verbreitung, Bekämpfung und dergleichen, mehr interessiert als die Pestpatrone. Natürlich wird die religiöse Komponente auch angesprochen.

Leopold Öhler: Die Pest in Salzburg. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2013. 240 Seiten, 24 Euro – www.pustet.at
Das Buch wird heute Donnerstag (12.12.) um 19 Uhr in der Leselounge im Unipark Nonntal vorgestellt, gemeinsam mit einem weiteren Buch zu einem sozio-historischen Thema: Gerhard Ammerer und Gerhard Fritz haben sich in „Die Gesellschaft der Nichtsesshaften“ der Lebenswelt vagierender Schichten vom 16. bis zum 19. Jahrhundert gewidmet.

 

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