Salut für Reger
MATTSEE / DIABELLI SOMMER / SCHMID, HAERING, HAGEN
13/06/16 „Das besondere Trio“ – so künstlerischer Leiter Gottfried Kasparek – vereinte den Geiger Benjamin Schmid partnerschaftlich mit der Pianistin Ariane Haering und Clemens Hagen am Violoncello in der Kollegiatskirche. Eine Sternstunde mit Musik von Max Reger und Franz Schubert.
Von Horst Reischenböck
Max Regers Todestag jährte sich am 10. Mai zum hundertsten Mal und wurde mehrheitlich ignoriert. Gut einen Monat später erinnerte Mattsee im ersten Teil Sonntagabend an diesen mit nur 43 Jahren früh Verstorbenen: „Denken Sie an Mendelssohn, an Mozart, an Schubert, an Wolf! Uns wird nicht viel Zeit gelassen, und ich muss mein Werk fertig haben!“
Vom Schaffenseifer, dem Vorbild Johann Sebastian Bach und den Einflüssen durch den Ur-Interpreten vieler Orgelwerke, Karl Straube, künden beispielsweise zwei Solosonaten für Violine. Schon das erste Set technisch anspruchsvoll, vom Widmungsträger Willy Burmester als „sehr schwer“ klassifiziert und deshalb nie gespielt, die vierte Sonate durch eine Chaconne bekrönt. Benjamin Schmid widmete sich schon in der Vergangenheit ihrem Schwesterwerk in g-moll, an 4. Stelle in den 8 Präludien und Fugen mit Chaconne op. 117 veröffentlicht. Ein forderndes Werk, Grenzen auslotend: So könnte Bach hundertfünfzig Jahre später, in Kenntnis der Entwicklung des Geigenspiels, komponiert haben. Benjamin Schmid ließ sich, wohl der Kirchenakustik geschuldet, im Vergleich zu seiner CD-Einspielung mehr Zeit zum Auskosten aller in dem Werk schlummernden kontrapunktischen Finessen – ein Vorteil auch beim Hören und somit ein erster Höhepunkt schon zu Beginn.
Nicht ganz so anspruchsvoll, damit auch Amateuren für häusliches Musizieren zugänglich, sind Regers Miniaturen für Violine und Klavier. Das zeigte Schmid mit seiner Gattin Ariane Haering vorerst an Hand von,, Präludium und melodienseeliger Aria der Suite op. 103A, auch unüberhörbar Bach-beeinflusst und, geographisch nahe, im Berchtesgadener Tal komponiert! Dazu drei Miniaturen aus der Suite op. 79d: ein wohl an Johannes Brahms ungarisch angelehntes Capriccio und eine virtuose Burleska als Umrahmung für ein zärtlich kurzes Wiegenlied.
Perfekt als gedankliche Brücke dann zum berückenden Ausklang in die Pause als Gegenpol der gleichfalls früh vollendet und viel zu jung verschiedene Franz Schubert mit dem n,
Den Namen „Notturno“ bekam nachträglich der berührend melancholische Es-Dur-Einzelsatz für Klaviertrio op. 148 D 897 aus Regers Todesjahr. Da verschmolzen Geigen- und Celloton wundervoll harmonisch zu kantabler Einheit. Ein Herz und eine Seele, so als würden Benjamin Schmid und Clemens Hagen unentwegt miteinander musizieren. Garniert, letztendlich bekrönt von kristallenen Klaviertupfern aus Händen Ariane Haerings in atemlos still verharrende Bewunderung hinein.
Was wäre da noch zu steigern gewesen? Ja, doch,mit Schuberts Opus ultimum, seinem großen Trio Es-Dur op. 100 D 929. Es ist eines der anspruchsvollsten Werke des Genres. Auf den von allen Beteiligten explizit ausgekosteten Kopfsatz versank Clemens Hagens Cello in den anschließenden Andante con moto-Trauergesang, um vor dem himmlisch langen Finale noch Benjamin Schmid im aufmüpfigen Trio des Scherzos entsprechend grandios Parole zu bieten. Genuss pur!