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Alte Hasen und junges Herzblut

MATTSEE / DIABELLI SOMMER / ERÖFFNUNG

10/06/16 Sommer ist! Wirklich? mag so mancher unken – aber ja: während uns der Sommer metrologisch noch im Stich lässt, hat der musikalische Sommer prachtvoll und mit Überzeugung begonnen: mit einem Dvorak gewidmeten Kammerkonzert eröffnete in der Mattseer Stiftskirche mit dem Diabelli Sommer ein „ganz ganz feines kleines Festival“ (so Landesrat Schellhorn) zum 16. Mal die Sommersaison.

Von Christiane Keckeis

Die Programm- und KünstlerInnenauswahl der sechzehn Konzerte ist – wie immer – erlesen, dafür hat der künstlerische Leiter Gottfried Kasparek eine sensible Ader. Neben großen Namen wird auch der Nachwuchs gefördert – und das Eröffnungskonzert zeigte, wie herzerquickend und bewegend das sein kann. Zwei Generationen musizierten miteinander Dvoraks zweites Streichquintett op. 77 und sein Klavierquintett op. 81.

Wo die „alten Hasen“ Lukas Hagen (Violine), Iris Juda-Hagen (Viola), Sepp Radauer (Kontrabass) und Herbert Schuch (Klavier) all ihr Können, ihre Erfahrung, Gestaltungsvielfalt und Persönlichkeiten einbrachten, versprühten Marie-Theres Schwöllinger (Violine 2) und Oscar Hagen (Violoncello), beide knapp 20 Jahre alt, Frische, Herzblut und konzentriertes Engagement – und dies professionell.

Zwischen Himmel und Erde bewegen sich die musikalischen Charaktere von Dvoraks Streichquintett, einerseits schwebend, melancholisch, zerbrechlich, ein fragender Ton von der Bratsche, beantwortet von lebendiger Geigenseligkeit, die sich ein paar Takte später wieder ins erdig-Bodenständige verwandelt, um sich in feinstes Spitzengewebe weiterzuspinnen – im Beginn des ersten Satzes Allegro con fuoco steckt ein ganzes Programm, das die Musizierenden deutlich hörbar und erfühlbar machen. Da blitzt immer wieder der überirdisch glänzende Geigenton als Fingerzeig nach oben, während der Kontrabass durchaus ordentlich Wetter machen kann. Sepp Radauer lässt es auch mal poltern, so recht in der Erde verankert, um dann wieder mit warmer Tongebung eine wohltuende Basis zu schaffen. Während das Scherzo mit schwerem Auftakt durchaus erdverhaftet beginnt und so gar nicht recht vom Fleck kommen will, um sich dann in den Wiederholungen zusehend ins Kraftvolle zu entwickeln, führt Lukas Hagen mit dem dritten Satz „poco andante“, mit Silberfäden schwebend in die Ewigkeit, – was für ein Ton! – innigste Violinsoli, die von den jeweiligen Partnern ruhig und einfühlsam beantwortet werden. Da braucht es zum Schluss schon wieder ein wenig Erdung, das hat Dvorak dramaturgisch klug entschieden. Und so landen wir, ein wenig widerwillig, mit dem abschließenden Allegro assai wieder auf dem Boden der Tatsachen: Das Leben steckt voller Überraschungen, aber es ist geprägt von Kraft und Selbstbewusstsein.

Gegensätze machen auch die Spannung in Dvoraks Klavierquintett aus: vom Cellisten Oscar Hagen mit ruhiger gelassener Kantilene eröffnet, explodiert es in wildem Überschäumen, bevor dann das Klavier ganz weich zu Singen beginnt und die Violine in zartem Schmelz einstimmt, antwortet: Unglaublich wie Herbert Schuch sein Instrument zu Linien bewegt, die fast anschlagslos scheinen, und auch die kraftvollen Passagen sind stets überzeugend energisch, expressiv, aber nie knallend brutal. Lukas Hagen und Herbert Schuch führen Dialoge auf gleicher emotionaler und klanglicher Höhe, empfindsam im berührenden Miteinander. In der Dumka lässt Iris Juda-Hagen ebenso ausdrucksstark wie unmaniriert mit einem Farbspektrum im Ton die Bratsche sprechen, erzählen, berührend auch dies. Die Ecksätze des Scherzos interpretieren die Musizierenden weit weniger volksmusikalisch-musikantisch als man es oft hört, das ist fein und durchsichtig – durchaus auch so überzeugend. Im Finale scheinen alle Farben, alle Qualitäten nochmals auf, wie es sich für ein gutes Finale gehört. Entsprechend groß ist dann auch der Jubel der Zuhörer, die mit einem für Klaviersextett arrangierten Walzer Dvoraks in einem gar nicht so lauen, aber vergnügten Sommerabend entlassen werden.

Der Diabelli Sommer Mattsee dauert bis 11. September - www.diabellisommer.at
Bilder: Diabellisommer Mattsee

 

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