Verschleiert und unter der Glöcklerhaube
RADSTADT / FILMFESTIVAL
08/11/11 „Außergewöhnlich ist der urbane Charakter des Festivals, das nicht nur regionale Themen in den Vordergrund stellt“, sagt Elisabeth Schneider vom Kulturkreis „Das Zentrum“. Morgen, Mittwoch (9.11.), beginnt das zehnte Filmfestival Radstadt.
Sieben Salzburg-Premieren und drei Filme, die in Österreich noch gar nicht zu sehen waren: Das ist bei fünfzehn Vorstellungen eine Ausbeute, die dem Filmfestival Radstadt auch überregionale Aufmerksamkeit sichern sollte.
„Auch dieses Jahr wird wieder der Begriff ‚Heimat‘ aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet“, so Elisabeth Schneider. „Viel diskutiert, politisch instrumentalisiert, touristisch inszeniert ist und bleibt ‚Heimat‘ ein Ort der Emotionen. Individuelle Lebensbilder treten in den Vordergrund, Brauchtumsbewahrer und Brauchtumserneuerer verschiedener Kulturen vermitteln in vielfach ausgezeichneten Dokumentar- und Spielfilmen unterschiedliche Zugänge, Ansichten und Interpretationen zum Heimatsbegriff.“
Unter den 15 ausgewählten Filmen finden sich unter anderem Karl Marcovics‘ Regiedebut „Atmen“ oder Peter Payers „Am Ende des Tages“ als österreichische Spielfilmneuheiten von 2011 (das ist zugleich der Eröffnungsfilm des Radstädter Festivals).
Sophie Huber zeigt mit „Die Glöcklerinnen von Ebensee“ eine konfliktgeladene Dokumentation über die Männerdomäne im Brauchtum und Frauen, die einen neuen Ansatz entwickeln. Über die Wandlung von der feministischen, intellektuellen Atheistin zur Muslimin erzählt Andreas Horvath in „ArabAttraction“ – es ist ein Dokumentarfilm über die langjährige Leiterin der Salzburger Sommerakademie Barbara Wally, die jetzt im Jemen lebt. "Mein Haus stand in Sulukule" ist ein Dokumentarfilm, in dem Astrid Heubrandtner festhält, wie Roma in Istanbul Leidtragende einer "Revitalisierung" ihres Stadtteils werden. Man kann aber ruhig auch auf EU-Gebiet bleiben: Enrico Montalbano beschreibt in seiner sozial engagierten Arbeit "La Terra(e)strema" Machenschaften globalisierter Konzerne in der Landwirtschaft Siziliens. Die "Walachai", von wo die Filmemacherin Rejane Zilles stammt, liegt nicht in Rumänien, sondern in Brasilien - eine deutschsprachige Enklave. Der Kurde Mano Khalil hat sich aber nicht in seiner Heimat umgehört, sondern unter Schweizer Schrebergärtnern.
Es bleibt nicht bei Filmvorführungen: Filmschaffende und Schauspieler – etwa Peter Payer, Karin Lischka, Sophie Huber, Andreas Horvath, Charlotte Berger und Kurt Hörbst werden sich nach den Vorführungen ihrer Filme der Diskussion stellen. (dpk-krie)