Romantische Orgeltöne
HINTERGRUND / ELIXHAUSEN / ORGELN
27/10/21 In der vergleichsweise unscheinbaren, erst sechzig Jahre alten Kirche würde man keine historische Orgel erwarten. Wir reden von der evangelischen Honteruskirche in Elixhausen-Sachsenheim und der Steinmeyer-Orgel dort. Ein Konzert am Vorabend des Reformationstags erinnert an dieses Instrument.
Von Reinhard Kriechbaum
Was haben die kleine Orgel in der Kirche der evangelischen Gemeinde in Elixhausen-Sachsenheim und die lange Zeit größte Kirchenorgel der Welt, jene im Passauer Dom, gemein? Sie stammen aus der Orgel- und Harmoniumwerkstatt Steinmeyer in Oettingen. Im Gegensatz zur Passauer Domorgel, die im Lauf der Jahrzehnte oftmals umgebaut und erweitert wurde, ist jene in Elixhausen ein original erhaltenes Kleinod aus dem Jahr 1881.
Wie kommt eine alte Orgel in eine Kirche, die es damals, als sie gebaut wurde, noch gar nicht gab? Georg Friedrich Steinmeyer hat sie ursprünglich für die Evangelische Kirche in Bad Reichenhall erbaut. 1962 hat sie die Salzburger Firma Oettl in die damals funkelnagelneue evangelische Kirche in Sachsenheim übertragen. All diese Firmen gibt es nicht mehr, Steinmeyer in Oettingen stellte den Betrieb 2001 ein, Hermann Oettl starb 2006.
Steinmeyer war ein klingender Name im Orgelbau, von zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Instrumente von dieser Orgelbauer-Dynastie stehen beispielsweise in Passau, in Sankt Lorenz in Nürnberg und im Hamburger Michel. Für die Steinmeyer-Orgel für das Schützenhaus in Meiningen (1913) hat Max Reger, einer der Götter am Organistenhimmel, die Disposition entworfen. 676 Orgeln hat der Firmengründer Georg Friedrich Steinmeyer (er starb 1901) gebaut, die Firma lieferte im Lauf ihres Bestehens 2.400 Orgeln.
Was ist nun das Besondere an der Orgel in Elixhausen-Sachsenheim? Sie hat zwölf klingende Stimmen, verteilt auf ein Manual und Pedal mit mechanischen Kegelladen. Eine Stimme mit Namen Viola da Gamba macht wie das sanft säuselnde Salicional deutlich, dass man damals „streichende“ Stimmen bevorzugte. Eine Stimme mit Namen Traversflöte imitiert eine solche, und ein Violon im Bassregister spricht auch für die Vorliebe für grundtönige Register. Der Spieler sitzt an einem Spieltisch unmittelbar an der Brüstung der Empore, schaut also Richtung Altar. ´
Diese Orgel sei ein „vollständig erhaltenes Zeugnis ihrer Zeit in stimmiger, geschlossener und eindeutig ablesbarer Konzeption und handwerklich ausgezeichneter Ausführung“, urteilte ein Experte. Ein kleines, auf die Klangerwartungen der Spätromantik ausgerichtetes Werk also, wie man es unterdessen nicht mehr so oft findet. Orgeln aus dem 19. Jahrhundert waren und sind gefährdet, weil ja schon um die Mitte des 20. Jahrhunderts die Verherrlichung des Barock-Klangs (und der ursprünglichen Orgelbaukunst) einsetzte. Da fehlte der Sinn für ästhetische Klangvorstellungen späterer Zeiten. Dies und die hohe Störanfälligkeit führte dazu, dass man einen Gutteil des Bestands aus besagter Zeit ohne größere denkmalschützerische Bedenken durch Neubauten ersetzte.
Elixhausen könnte übrigens ein kleines Zentrum romantischer Orgelkunst werden, denn in der katholischen Pfarrkirche harrt eine weitere kleine Kostbarkeit der Restaurierung. Dieses Instrument mit sechs Registern (im Bild links oben) hat der Salzburger Orgelbauer Ludwig Mooser 1857 gebaut. Da ist zwar 1931 der Blitz reingefahren und es wurde danach unsachgemäß herumgedoktert daran, aber es ist zu retten. Erst jüngst fand ein Benefizkonzert statt, man ist also am Geldsammeln für die Wiederherstellung. Ludwig Mooser war neben der Dynastie Mauracher der produktivste Orgelbauer des Biedermeier.
Orgelkonzert „140 Jahre Steinmeyer-Orgel“ in der Honteruskirche in Elixhausen-Sachsenheim, Samstag (30.10.), 18 Uhr. Die Elixhausener Organistinnen und Organisten, Susan Neumüller, Jakob Mitterrutzner, Fu Qiao sowie Gordon Safari spielen Werke von Guilmant, Mendelssohn und Reger – www.evangelischekirchenmusik.at
Bilder: Evangelische Kirchengemeinde Nördl. Flachgau (1); Orgeldatenbank Salzburg (1)