Ein Plattenspieler unter Dampf
GRÖDIG / 25 JAHRE RADIOMUSEUM
21/10/21 Detektorgerät? Das ist die Ur-Variante von Radio. Empfangsgeräte gab es damals, in den Jahren unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, noch nicht zu kaufen. Radio in den Jahren ab 1915 war eine Sache für Bastler.
Von Reinhard Kriechbaum
Hans Martin Walchhofer greift ins Regal und zeigt solch ein Ding, sogar eines mit Salzburg-Bezug: Ein Lungauer hat es gebaut, und die technische Planskizze dazu hat er auf die Hinterseite seines Steuerbescheids gezeichnet. War wohl gerade kein anderes Blatt Papier bei der Hand. Wenigstens fällt so die Datierung leicht.
Was hat so ein „Detektorgerät“ empfangen? „Entdeckt“ (das heißt das Wort) wurde nur der nächste stärkere Mittelwellensender. Von störenden Geräuschen reden wir lieber nicht. Diese hat dem Medium Radio erst die UKW-Technik ausgetrieben. Der Vorteil solch urwüchsiger Mittelwellen-Aufstöberer: Man brauchte bloß einen Antennendraht und eine Erdung, ein Stromanschluss war nicht vonnöten. Der Nachteil: Für mehr als den Kohle-Resonator eines Telefonhörers reichte die Energie aus dem Äther nicht aus. Aber die Radio-Bastler damals waren findig. So kamen sie zum Beispiel auf die Idee, den Trichterlautsprecher von einem Grammophon (das war zu der zeit technisch schon weiter als das Radio) mit besagtem Telefonhörer zu verbinden. Schon konnten mehrere Leute zuhören. Aber ein echtes Gemeinschaftserlebnis wurde das Radiohören erst mit der Erfindung des Freischwinger-Lautsprechers. Auch da war ursprümglich ein Telefonhörer im Kern. Drumherum kam ein leicht trichterförmig zusammengeklebtes, kreisrundes Blatt Karton. Lautsprecher funktionieren immer noch nach demselben Prinzip.
Das Radiomuseum Grödig ist 25 Jahre alt, am Nationalfeiertag feiert man das Jubiläum. Er wäre nicht Hans Walchhofer, hätte dieser Freak nicht etwas Besonderes zum Vorführen ausgesucht für diesen Anlass: ein Grammophon mit Dampfantrieb! Das ist doch was.
Ungefähr dreihundert Exponate hat Walchhofer im Lauf seines Lebens zusammengetragen und – ebenso wichtig – mit viel technischem Fingerspitzengefühl selbst restauriert. Der Werkstattraum gehört zum Museum wie die Regalreihen. Das Besondere am Radiomuseum Grödig ist ja, dass all die Dinge wirklich spielen. Und dass sie der Sammler und Musumskustos gerne und mit Leidenschaft vorführt. Von den Entdeckungen des Herren Hertz und Marconi über die vielen Prototypen bis zu raren Dingen der Radio-Industrie. Minerva, Radione, Ingelen, Eumig, Hornyphon – das waren markante Namen österreichischer Hersteller. Am Anfang all dieser Betriebe standen erfindungsreiche Bastler. Auch dazu fällt Walchhofer ein Salzburg-Bezug ein. Ein Vorfahr aus der Familie Morawetz (den Betreibern des Elmo-Kinos) hat sich hierorts schon 1928 mit der professionellen Radio-Herstellung versucht. Auf einem anderen Foto sieht man den ersten Übertragungswagen für eine Festspiel-Aufführung. Das war 1934.
Einen einfachen Detektorempfänger kann man im Radiomuseum selbst bauen, das gehört zum Standard-Angebot, so wie die Führungen für Schulklassen. Das Morsen und das Verlegen einer Feldtelefon-Leitung sind Attraktionen für Kinder und Jugendliche. Was man heutigen Kindern ja erst bewusst machen muss: Einst brauchte es eine Leitung (mit zwei Drähten), um telefonisch in Kontakt treten zu können. Die Idee mit dem elektronischen Funken, der auch Wellen erzeugt, war bahnbrechend. Aus den Worten „Telefon“ und „Funken“ entstand übrigens der deutsche Firmenname „Telefunken“.
Am Tag des 25-Jahre-Jubiläums steht in grödig nicht nur ein Plattenspieler unter Dampf. Ein Frühschoppen mit der Salzburger Rampant Big Band ist im Radiomuseum ebenso angesagt wie eine Live-Sendung von „Pirnis Plattenkiste“. Fürs leibliche Wohl der Besucher sorgen die Grödiger Ortsbäuerinnen. Wer schon vorab spionieren möchte: FS1 hat in seiner Serie „Museum Tours“ mehrere Folgen, in denen Hans Walchhofer durch seine Sammlung führt.