Mit Tränen im Knopfloch
DIABELLISOMMER / HAERING-HAGEN-SCHMID
25/06/18 Für Mattsee firmieren sie als „Das besondere Trio“, und das sind sie ja wirklich: der Geiger Benjamin Schmid und Gattin Ariane Haering am Klavier, zusammen mit Clemens Hagen (Cello). Am Sonntag (24. 6.) ließen sie in der Stiftskirche ein slawisch geprägten Programm hören – alle Werke rund um und um 1890 entstanden.
Von Horst Reischenböck
Russischen Komponisten lavierten beim Schaffen von Klaviertrios oft scharf am Rande der Sentimentalität entlang. Auch deshalb, weil manche dieser Werke dem Gedenken an Verstorbene galten. Sergej Rachmaninow etwa galt dem Kollegen Igor Strawinsky als personifiziert wandelnde Melancholie. Als Rachmaninow neun Jahre alt war, verließ sein Vater die Familie. Das war möglicherweise die Vorahnung zu seinem erst nach dem Tod veröffentlichten Trio Nr. 1 in g-Moll, das er selbst mit „élégiaque“ überschrieb. Ein selten zu hören ausgedehnter Einsätzer, 1882 entstanden. In ihn führen vorerst beide Streichinstrumente ein, ehe sich auch hier bereits die pianistische Pranke des später als Virtuose nicht nur in eigener Sache konzertierenden Komponisten zu Wort meldet. Seinem Anspruch blieb Ariane Haering am Bösendorfer nichts schuldig. Perfekt vereinte sie sich mit ihren davor einander gegenübersitzenden beiden Partnern.
Benjamin Schmid, heuer bereits zum 2. Mal in Mattsee aktiv, wird heuer 50. Jahre alt, die prächtige „ex Viotti“-Stradivari in seinen Händen hat gar bereits 300 Jahre „auf dem Buckel“. Mit ihr verband er sich nach diesem Einstieg genauso perfekt ein weiteres Mal in einem Geist mit Clemens Hagens energischem Widerpart am Violoncello. Wobei es bei Antonij Arensky um einen weiteren, bei uns wenig bekannten Russen ging. Sein Erstes Klaviertrio in d-Moll op. 32 entstand sechs Jahre als Rachmaninows Erstling. Nach einem ausgedehnten Kopfsatz, der das Cello in sonorer Klangfülle offeriert und im nachfolgenden Walzer zu spritzigem Dialog mit der Geige führt, liegt auch hier das Hauptgewicht auf dem schwermütigen Gesang der Elegia an dritter Stelle. Das wurde von den Dreien mit vollem Einsatz ausmusiziert.
Eine nochmalige Steigerung waren dann die sechs „Dumky“ für Trio-Besetzung, die Antonín Dvořák knapp vor dem Antritt zur Reise in die USA zu seinem e-Moll-Opus 90 bündelte. Es sind nicht Folklore-Kopien, sondern im Geiste volkstümlicher Melodien dem Kopf entsprungene Melodien, kunstvoll geadelt wie in den Slawischen Tänzen. Auch diese Stücke sind primär von Schwermut geprägt, besonders nachdrücklich im Poco Adagio der Nummer 2, die mit ihrer schlichten Melodie an Franz Schubert erinnert. Um einem Zuviel an Sentiment zu begegnen, swurde die Stimmung dann stürmisch hineinfahrend aufgebrochen.
Alles in allem kammermusikalische Sternstunden, nachdem „Das besondere Trio“ die Zuhörer mit dem in den Eckteilen Wiegenlied ähnelnden Andante grazioso aus Johannes Brahms‘ spätem Trio op. 101 genussvoll in die Nacht entließ.