Clooney for President!
IM KINO / THE IDES OF MARCH
19/01/12 Ein Film ist nicht gleich die Summe seiner Elemente. „The Ides of March“ hat ein brillantes Drehbuch, großartige Schauspieler und ist spannend inszeniert. Das Endresultat ist dennoch „nur“ ein guter Film, kein großartiger.
Von Andreas Öttl
Dies liegt wohl vor allem daran, dass George Clooneys Film über die Vorwahlen im Rahmen eines US-Präsidentschaftswahlkampfes keine wirklich neuen Erkenntnisse bringt. Oder war jemandem im Publikum womöglich zuvor nicht bekannt, dass Politiker eine Schwäche für Praktikantinnen haben, dass junge Karrieristen für den Erfolg über Leichen gehen und die „Guten“ dabei oft auf der Strecke bleiben? Die Moral von der Geschichte: Politik ist ein schmutziges Geschäft.
Dennoch zählt „The Ides of March“ zu den besten amerikanischen Filmen der letzten Zeit. George Clooney, selbst bekennder Unterstützer von Präsident Obama und der demokratischen Partei, beweist nach „Good Night, and Good Luck“ erneut sein Gespür für politische Stoffe. Man mag von „Mr. Nespresso“ halten was man will, aber es ist beeindruckend, wie selbstverständlich er es schafft, das Doppelleben zwischen werbewirksamem Strahlemann und absolut ernstzunehmendem Filmemacher zu führen, ohne bei einer seiner Rollen einen Imageschaden in Kauf nehmen zu müssen.
Als Regisseur ist er zwar kein Künstler, sondern ein solider Handwerker – aber dafür kommt ihm seine Erfahrung als Schauspieler bei der Besetzung zu Gute. Und „The Ides of March“ ist vor allem ein Schauspielerfilm. Er vereint die talentiertesten amerikanischen Darsteller verschiedener Generationen (Evan Rachel Wood, Max Minghella, Ryan Gosling, Marisa Tomei, Paul Giamatti, Philipp Seymour Hoffman). Doch im Gegensatz zu vielen anderen Filmen wurden sie hier nicht nur aufgrund ihrer Bekanntheit besetzt, sondern weil sie auch wirklich ideal für die Rollen passen. Und auch Clooney selbst überzeugt in der Rolle des demokratischen Präsidentschaftskandidaten so sehr, dass sich mancher Zuseher wohl wünschen würde, Clooney würde tatsächlich für ein politisches Amt kandidieren. Viel schlechter als sein ehemaliger Kollege Arnold Schwarzenegger würde er es wohl nicht machen...
„The Ides of March“ stellt auch eine interessante Frage: Ist es überhaupt möglich, in der Politik den Idealismus beizubehalten und den eigenen Idealen treu zu bleiben? Wenn man das zynische Schlussbild des Films als Maßstab nimmt, scheint die Antwort „Nein“ zu lauten.
Aufgrund dieser pessimistischen Botschaft kann niemand Clooney vorwerfen, sein Film würde Werbung für die Demokraten betreiben. Vielleicht ist aber dies auch der Grund, warum seinem ansonsten fesselnden und authentischen Film etwas das Herz fehlt. Auch bei der Inszenierung des Films geht Clooney keine Risiken ein und hält sich an die Hollywood-Konventionen: Ein konservativer Film von einem liberalen Regisseur, sozusagen.