Wie kommt ein Jude in die SS-Uniform?
NEU IM KINO / MEIN BESTER FEIND
11/03/11 Wer beim Bild vom Juden in der SS-Uniform irgendwie an den Hitlerjungen Salomon erinnert wird, liegt nicht ganz falsch. Paul Hengge lieferte die Vorlage für beide Filme. Wolfgang Murnbergers „Mein bester Feind“ ist humorvoller angelegt als „Hitlerjunge“ Salomon, auch harmloser in seinen Bezügen zum Dritten Reich.
Von Michael Russ
Im Gegensatz zu Salomon ist Viktor (Moritz Bleibtreu) schon erwachsen, ein Mann in den Dreißigern, der in der Galerie seines Vaters Johann Kaufmann (Udo Samel) mitarbeitet. Er ist ein bisschen großspurig, ein verwöhnter Sohn aus gutem Haus. Anfang März 1938 taucht sein bester Freund Rudi Smejkal nach längerer Abwesenheit wieder in Wien auf. Die beiden sind gemeinsam aufgewachsen, Rudis Mutter war die Haushälterin der Familie Kaufmann. Nach einer Schlägerei mit ein paar Nazi-Schmierern landen sie für eine Nacht im Gefängnis. Rudi warnt die Kaufmanns vor den Nazis und rät ihnen in die Schweiz zu gehen.
Umso größer ist die Überraschung, als Rudi nach dem Einmarsch der Deutschen in der Uniform eines SS-Unterscharführers auftaucht. Trotzdem versucht er den Kaufmanns die Ausreise zu ermöglichen, allerdings um den Preis einer Zeichnung von Michelangelo, die sich im Besitz der Familie Kaufmann befindet. Aber Rudis Vorgesetzter hat andere Pläne, nach Herausgabe der Zeichnung nimmt er die Kaufmanns fest. Rudis Proteste bleiben halbherzig, er hat auch seine Karriere im Auge.
Fünf Jahre später ist Rudi SS-Hauptsturmführer und mit Viktors ehemaliger Verlobter Lena (Ursula Strauss) verlobt, der die Kaufmanns ihr Vermögen überschrieben haben, um es vor den Nazis in Sicherheit zu bringen. Er scheint ein gemachter Mann zu sein, aber das Kriegsglück beginnt sich zu wenden. Adolf Hitler will seinen Verbündeten Benito Mussolini mit der Michelangelo-Zeichnung bei Laune halten, da stellt sich diese als Fälschung heraus. Rudi muss nach Polen um Viktor aus dem KZ zu holen und das Versteck der Originalzeichnung aus ihm herauszupressen. Am Rückflug werden sie von Partisanen abgeschossen. Viktor rettet Rudi aus dem brennenden Flugzeug, sie sind die einzigen Überlebenden. Um Rudi nicht in die Hände der Partisanen fallen zu lassen, teilen sie sich Viktors KZ-Kleidung. Als Viktor gerade Rudis Uniform verstecken will, bemerkt er Bewaffnete, die sich nähern: deutsche Soldaten. Kurzentschlossen zieht er die SS-Uniform an und gibt sich als Rudi Smejkal aus. Die Soldaten orientieren sich an der Kleidung und glauben den Beteuerungen des wirklichen Smejkal nicht. Und Viktor beginnt fieberhaft über einen Plan nachzudenken.
Wohl, um Diskussionen vorzubeugen, ob man das Dritte Reich als Rahmen für eine Komödie benutzen dürfe, sind die Bezüge dazu oberflächlich und Brutalitäten so weit als möglich ausgespart. Das Wehrmachtspersonal ist in Richtung dümmlich überzeichnet, nur Rudis SS-Vorgesetzter Widrizek (Uwe Bohm) darf den karrieregeilen Bösen geben. Der Film ist eher als Gaunerkomödie angelegt, bei der sich die beiden Parteien gegenseitig austricksen. Es beginnt damit, dass Jakob Kaufmann Rudi dazu benutzt hat, unwissentlich die Michelangelo-Zeichnung aus Deutschland herauszuschmuggeln, als die Kaufmanns ihre Nürnberger Galerie schließen mussten. Und so geht es hin und her, einmal scheint die eine Partei Sieger zu sein, dann wieder die andere. Eine Abwandlung von „Der Clou“, nur dass die Bösen hier Uniform tragen.
Wie immer bei der Art von Filmen kommt die Logik zu kurz, weil es anders nicht funktionieren würde. Kein Mann, der gerade fünf Jahre KZ hinter sich hat, könnte glaubwürdig einen SS-Mann abgeben, zu stark wäre er von dieser Zeit gezeichnet. Außerdem gab es Tätowierungen, Nummern für die Häftlinge und Blutgruppe für die SS. Aber macht ja nichts. Dann war da noch die Sache mit der Überschreibung: Rudi ließ sich von Viktor die Galerie überschreiben und führt sie nach dem Krieg weiter. Allerdings war Viktor zu dem Zeitpunkt nicht der Galeriebesitzer, sondern Lena.
Unterhaltsam ist der Film trotzdem und durchgehend gut besetzt. Murnberger hat sich seine Schauspieler gezielt ausgesucht, keiner muss gegen seinen Typ spielen, alle kommen mit ihrem Standardprogramm durch, das sie gut beherrschen. Gediegene Unterhaltung, nicht mehr und nicht weniger.