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Ich möchte mit diesem Hund nie wieder drehen

FILMBESPRECHUNG / BLACK BROWN WHITE

25/02/11 „Also der Hund war eine Katastrophe. Der hat uns einen gesamten Drehtag gekostet. Wir haben damals schon gerätselt, ob er einfach irgendwo eingefangen wurde. Vielleicht war es ja ein Kojote aus Marokko. Dieser Hund war einfach nicht trainiert, der wurde als Typ gecastet.“

Von Heidemarie Klabacher

Cooler Typ! Als läufige Hündin, die dem vierbeinigen Schnüffler vom Zoll blitzartig den Kopf verdreht, ist sie wirklich grandios. Eine der witzigen Szenen, in diesem Roadmovie, das mit erstaunlich leichter Hand von Menschenschmuggel, Ausbeutung und Sklaverei erzählt.

Die Leichtigkeit von Erwin Wagenhofers erstem Spielfilm „Black Braun White“ ist vor allem Fritz Karl als Lastwagenfahrer Don Pedro zu verdanken: ein sympathischer  Kerl, gar nicht bierbäuchig-grauslich oder wie man sich so einen Trucker eben sonst vorstellt. Den Handlanger eines Menschen-Schacherers will man ihm schon gar nicht abnehmen. Spät erst, wenn er Mineralwasserflaschen über das Autodach in das Geheimversteck mit der lebenden Schmuggelware wirft…

„Im Mai 2004 war ich im Zuge der Dreharbeiten zu ‚We feed the World’ mit einem österreichischen Truck unterwegs von Motril in Südspanien bis nach Wien“, sagt Erwin Wagenhofer. „Geladen waren 24 Tonnen Tomaten. Eigner und Truckfahrer zugleich war Peter aus Mattersburg im Burgenland, ein angenehmer, intelligenter Zeitgenosse, Anfang vierzig, mit lustiger Kurzhaarfrisur und obligatem Schnauzbart. Sein ganzer Stolz war sein damals neuer Truck Marke ‚Scania’, den er sich schwarz lackieren ließ und auf dem vorne, oberhalb der Frontscheibe, groß zwei Wörter in weißer Schrift zu lesen waren: ’Don Pedro’!“

Das war im Dokumentarfilm. Auf dem schwarzen Truck steht jetzt „Just in Time“. Und die Schwierigkeiten des Don Pedro im Spielfilm beginnen, als eine junge Frau (hinreißend: Clare-Hope Ashitey als Jackie) Stückgut aus dem zu schleppenden Menschenmaterial sich weigert, in den glutheißen Verschlag zu kriechen und beschließt, mit ihrem kleinen Sohn in der Fahrerkabine zu reisen.

Was sich Don Pedro ab nun alles einfallen lässt, um Mutter und Sohn über eine Hürde nach der anderen zu bringen (Fernziel ist die Schweiz), ist bestechend in seiner frechen Kreativität. Das mit dem Hund beim Zoll ist gut. Fast noch besser ist das mit dem Doktor von „Ärzte ohne Grenzen“ und dem Zucker im Tank des alten Rettungsautos. Und gegenüber dem Vertreter der spanischen Fremdenpolizei weiß Don Pedro auch den richtigen Ton anzuschlagen.

„Für die Frau Fekter wäre Südspanien ein Paradies, ein Eldorado, da bräuchte sie sich nur in ein Polizeiauto setzen und losfahren und könnte Autobusse mit Migranten anfüllen und irgendwo hin schicken“, sagt wieder Regisseur Erwin Wagenhofer: „Aber die Polizei dort, wo wir gedreht haben, die macht das nicht. Die wissen genau, was für ein immenser wirtschaftlicher Nachteil das wäre, die brauchen die Sklaven, die die Paradeiser und Gurken ernten, die wir essen, und die Häuser bauen, die jetzt keiner mehr haben will. Gut und Böse, das sind eben nicht so eindeutige Kategorien, deshalb ist auch unser Protagonist in dieser Geschichte in erster Linie ein Mensch mit Facetten.“

Stimmt genau. Weder ist Don Pedro zuerst ganz böse, noch ist er dann ganz gut. Ein guter Mensch in seinem dunklen... Nein. Auch Pathos stört nirgendwo auf der ganzen mühsamen Reise den malerisch aufgewirbelten Straßenstaub. Und vor banalem Idyll weiß Wagenhofer sein Publikum eben so zu bewahren, wie vor drastischen Bildern etwa von darbenden Flüchtlingen.

Die Hand des Dokumentarfilmers Wagenhofer ist jedenfalls auch im Spielfilm deutlich erkennbar. Als Hintergrund, quasi.

Wenn Knoblauch aus der Ukraine quer durch den Kontinent und über das Meer nach Marokko gekarrt wird, um als spanische Spezialität auf den europäischen Markt zu kommen, ist das eine fast schon harmlosere Facette der Gesellschafts- bzw. Wirtschaftskritik.

„Ich wollte neben der Haltung dieses Mannes aber auch ein wenig das System hinterfragen, in dem wir alle stecken“, so Wagenhofer: „Wer und was ist eigentlich verantwortlich, wenn so viele Menschen von ihren Heimatorten flüchten wollen? Warum wollen die nach Europa? Vielleicht, weil unser Wirtschaftssystem und unser Wohlstand auf der Armut von Menschen anderswo basiert?“

Bilder: Filmladen



 

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