asdf
 

Überwältigungskino mit Tiefgang

FILMKRITIK / OPPENHEIMER

21/09/23 Den Kinostart eines neuen Films von Christopher Nolan streichen sich viele Filmfans lange vorher im Kalender rot an: Der Brite steht wie kaum ein anderer für Unterhaltungskino, das im Gegensatz zu vielen anderen Hollywood-Filmen neben eindrucks-vollem Spektakel auch komplexe Inhalte zu bieten hat.

Von Andreas Öttl

Christopher Nolans aktueller Film Oppenheimer hält sich nicht zuletzt durch gute Kritiken und Mundpropaganda auch zwei Monate nach Kinostart noch in den Kinos. Freunde des analogen Films pilgern dieser Tage ins Wiener Gartenbaukino, um dort eine der seltenen 70mm Projektionen des komplett auf Zelluloid gedrehten Films zu erleben.

Oppenheimer erzählt – basierend auf dem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Buch „American Prometheus“ von Kai Bird und Martin J. Sherwin die persönliche Geschichte von J. Robert Oppenheimer, dem Erfinder der Atombombe (im Film überzeugend verkörpert von Cillian Murphy). Der Film zeichnet dabei den Werdegang vom ambitionierten jungen Wissenschaftler bis zum Leiter des sogenannten „Manhattan Project“ nach. Mehrere Jahre arbeiteten bis zu 150.000 Menschen bei diesem streng geheimen Projekt an der Entwicklung und dem Bau dieser ultimativen Kriegswaffe. In weiterer Folge erzählt der Film, wie den in den USA zunächst als Held gefeierten Physiker nach dem Abwurf der Bombe zunehmend das Gewissen plagt und Vorwürfe der Nähe zum Kommunismus ihn politisch in Ungnade fallen lassen.

Christopher Nolan liefert mit Oppenheimer ein weiteres Paradebeispiel des von ihm selbst erfundenen Genre des Science Blockbusters ab. Er schafft es, trotz des überwiegend sehr trockenen Inhalts (der Film spielt zum Großteil in Labors und Konferenzräumen) und dem Respekt vor der wahren Geschichte seine ihm eigene Vision eines Überwältigungskinos auch in diesem Fall konsequent umzusetzen und mit dem akribischen Porträt einer ambivalenten Figur der Weltgeschichte zu verbinden. Die Ingredienzen dafür sind aus seinen bisherigen Werken bekannt: atemberaubende Bilder, musikalische Dauerstimulierung sowie eine gelungene Balance zwischen spektakulären und ruhigeren, dichten, von exzellenten Darstellern getragenen Szenen. Dennoch schafft es der Regisseur, in manchen Momenten tiefer zu gehen als je zuvor. Kritiker, die Nolans Filme mitunter zu technokratisch und emotionslos fanden, werden hier (zumindest stellenweise) eines Besseren belehrt.

Exemplarisch sei eine kurze intime Szene zwischen Oppenheimer und seiner von Florence Pugh gespielten Liebhaberin erwähnt. Diese Episode wird auf höchst inspirierte Weise mit der Szene seines späteren Gerichtsverfahrens verknüpft und offenbart plötzlich eine andere Seite des rational-kühlen Wissenschaftlers (und des rational-kühlen Regisseurs).

Dies ist die eigentliche Stärke des Films: nicht nur aufgrund seiner tragischen, die Welt prägenden Geschichte und seiner audiovisuellen Reize zu faszinieren, sondern (im Gegensatz etwa zu seinem Kriegsfilm Dunkirk) auch emotional zu berühren. Oppenheimer ist jedenfalls ein Film, der noch lange nach dem Kinobesuch nachhallt, was Christopher Nolan (der bisher noch nie einen Regie-Oscar gewonnen hat) bei der erst im März 2024 stattfindenden Oscarverleihung entgegenkommen könnte.

Zum Trailer - www.universalpictures.at
Bilder: www.universalpictures.at

 

 

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014