Whiskey, Country, Einsamkeit
NEU IM KINO / CRAZY HEART
20/08/10 „I’ve been loved / and I’ve been alone / all my life I’ve been a rolling stone”, raunzt Bad Blake mit wettergegerbter Stimme ins Mikrofon. Der einst gefeierte Countrysänger tourt immer noch durch die Bars und Saloons des amerikanischen Südens, doch die Zeiten sind härter und die Gagen schmäler geworden.
Von Thomas Macher
Mit 57 Jahren, vier gescheiterten Ehen und einem Kontostand in der Farbe der Redneck States, hat der alternde Outlaw nun auch um einiges mehr an Ballast mitzuschleppen als bloß seine Gitarre. Wären da nicht der konstant tiefe Blick ins Whiskeyglas und gelegentlicher Motelzimmersex mit verblassenden Südstaatenschönheiten, Bad hätte schon längst seinen schlabbrigen Cowboyhut genommen.
Erst als es ihm gelingt das Interesse der hübschen Journalistin Jean (Maggie Gyllenhaal) zu wecken, scheint sich das Blatt für ihn zu wenden. Doch auch in den Armen seiner neuen Liebe lässt ihn die eigene Vergangenheit nicht los.
„Crazy Heart“, das Regiedebüt des amerikanischen Schauspielers Scott Coopers, erzählt die bekannte Geschichte vom gestrauchelten Helden der eine neue Chance erhält. Wie auch in unzähligen Countrysongs setzt Cooper dabei auf die Einsamkeit und Weite des amerikanischen Waste Lands, in dem sich seine Protagonisten zu verlieren drohen. Ein Ritt ins Vorhersehbare, der an vielen Stellen in Klischeehaftigkeit zu enden droht - wären da nicht die hervorragenden Darsteller.
Allen voran Jeff Bridges, dem es mit seinem zurückhaltenden Spiel gelingt seinem Charakter auch in den Tiefen von Alkoholsucht und Verlassenheit Würde und vor allem Humor zu verleihen. Er zeigt Bad Blake als den nicht mehr zeitgemäßen Archetyp des Countryoutcasts. In ihm spiegelt sich nicht nur das Erscheinungsbild sondern auch die Coolness, Bärbeißigkeit aber auch Zerrissenheit von Größen wie Waylon Jennings und Kris Kristofferson wider.
An seiner Seite gibt Maggie Gyllenhaal die allein erziehende Mutter auf der Suche nach beruflicher und privater Erfüllung. Ein ähnlich Klischee beladenes Rollenbild, aus dem sie sich aber mit eindringlichem Spiel zu befreien vermag.
Keine Überraschung ist es, dass Altmeister Robert Duvall, als Bads väterlicher Freund Wayne, auch mit fast achtzig Jahren immer noch zu Glanzleistungen fähig ist. Dass er dabei aber auch seine hervorragende Singstimme unter Beweis stellen darf, lässt aufhorchen. Ähnliches gilt für Bridges, der begeisterte Hobbymusiker verleiht den Liedern aus der Feder von Rocklegende T-Bone Burnett eine raue und persönliche Note. Der Soundtrack ist es auch der, gemeinsam mit Bridges Darstellerleistung, den Film über manche Länge hinweg trägt. Nachdenkliche Lieder über die Suche nach Liebe und Identität unterlegen die Bilder von weiten Landschaften und engen Countrykneipen. Die tragikomische Liebeserklärung an die Musik und die Menschen der Südstaaten überzeugte auch die Oscar-Jury. Der Titelsong „The Weary Kind“ sowie Jeff Bridges wurden dieses Jahr mit der begehrten Trophäe ausgezeichnet.