Wir sind ein Pappendeckel-Hollywood
TAG DES SALZBURGER FILMS
17/06/10 Drei Film-Sets werden morgen Freitag (18.6.) auf dem Mozartplatz, dem Residenzplatz und dem Alten Markt aufgebaut. Mit Kamera, Stativen, Scheinwerfern, Tonangel, Dolly und allem, was sonst noch für einen Dreh gebraucht wird. Aber leider: Alles ist bloß aus Pappe.
Von Reinhard Kriechbaum
Aus Kosten- bzw. Spargründen sind diesmal sämtliche notwendigen Utensilien aus Pappendeckel und selbst hergestellt. Die neun Drehbücher sind jedoch echt, genauso wie die neun Schauspielerinnen und Schauspieler, die zwischen 13 und 15 Uhr kurze Sequenzen daraus für die Pappkamera und das reale Publikum spielen. Und der Soundtrack, mit dem drei Filmorchester die akustisch-emotionale Komponente beisteuern, ist glücklicherweise auch live.
Aber wollte man am „Tag des Salzburger Films“ nicht eigentlich ins Kino gehen und sehen, was in den vergangenen zwölf Monaten entstanden ist am lokalen und regionalen Film-Schauplatz? Leider ist das heuer nicht drin. Zu einem echten „Tag des Salzburger Films“ reicht es heuer nämlich nicht. Das war in den letzten Jahren immerhin eine stolze Leistungsschau der jeweiligen Jahres-Produktion, zu der längst nicht nur die üblichen „Verdächtigen“, also eine überschaubare Schar Salzburger Filmemacherinnen und Filmemacher beitragen. Filme oft mit experimentellem Anstrich entstehen ja unterdessen auch an der Fachhochschule (Studienrichtung Multi Media Art), an der Universität (im Institut für Kommunikationswissenschaft) und am Mozarteum. Initiativen wie die biennal stattfindende „Klappe“ sorgen seit zehn Jahren dafür, dass potentieller kreativer Nachwuchs auf das Medium (Kunst-)Film aufmerksam wird und sich gleichsam spielerisch einüben kann ins Metier. Und der verdienstvolle „film:riss“, das längst auf Österreich-Perspektive ausgeweitete studentische Filmfestival sorgt für einen qualitätvollen Einblick in diesem Bereich.
Derzeit herrscht geldbedingte Drehpause. „under construction“ ist das Motto des Tages des Salzburger Films morgen, Freitag (18.6.). Es wird nicht lohnen, wie in den vergangenen Jahren ein „Jahrbuch des Salzburger Films“ herauszugeben - es wäre reichlich mager für die Jahre 2009 und 2010.
„Um aus der Not doch noch eine Tugend und das ein oder andere Vergnügen zu machen, wird das 'Making of' beim Filmtag 2010 einfach vom gewohnten Platz im Abspann an den Anfang verlegt“, tun die Organisatoren des Tages des Salzburger Films mit einer Art Galgenhumor kund. Und Preise für die besten Ideen, die eigentlich schon längst ein Film hätten werden sollen, wenn's nicht am Geld hakte, gibt es auch: „Der Red Carpet bzw. seine Pappendeckelversion wird um 17 Uhr im Café Uni:Versum ausgerollt.“