Ein Licht-Bildner von Gnaden
TODESFALL / GÜNTHER SCHNEIDER-SIEMSSEN
03/06/15 Als „Bühnenbildner Karajans“ ist Günther Schneider-Siemssen gelegentlich bezeichnet worden. Dem hat der Künstler vor Jahrzehnten in einem Pressegespräch in Salzburg dezidiert widersprochen: Er sei eigentlich der Bühnenbildner von Otto Schenk. Ungleich mehr Arbeiten nämlich habe er für ihn gemacht.
„Niemand hatte das Große Festspielhaus so gut im Griff wie Schneider-Siemssen.“ So Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler zum Tod des Bühnenbildners. „Die Arbeiten Günther Schneider-Siemssens waren für eine erfolgreiche Ära der Salzburger Festspiele stilprägend. Als kongenialer Partner Herbert von Karajans hat er über Jahrzehnte Festspielgeschichte geschrieben.
Das ist eine gute Weile her: Schließlich stand der Künstler, der nach langem Leiden am Dienstag (2.6.) verstorben ist, im 88. Lebensjahr. 1965 kam es im Rahmen von Modest Mussorgskis Boris Godunow zur ersten Zusammenarbeit mit Karajan in Salzburg, für den Schneider-Siemssen sowohl im Sommer als auch zu Ostern Pionierarbeit vor allem im Bereich der Lichtprojektion leistete. „Das Schönste ist, dass er immer zeichnet.“ Mit diesen Worten charakterisierte der Maestro seinen Lieblingsbühnenbildner und beschrieb damit anschaulich Schneider-Siemssens Arbeitsweise. In Gesprächen mit seinen Regisseuren machte er ständig Skizzen, um die Möglichkeiten, die ihm vorschwebten, gleich zu veranschaulichen. Mit einer verfeinerten Projektionstechnik – er nannte es ein „Malen mit Licht“ – gestaltete Schneider-Siemssen die eindrucksvollsten Bildräume und prägte über Jahrzehnte die Bühnenästhetik der Ära Karajan.
Übrigens hat Günther Schneider-Siemssen in Salzburg nicht nur im Großformat gearbeitet. Er, der Licht-Bildner, war immer interessiert an neuen technischen Möglichkeiten. Als die Holographie aufkam – ihre Imaginationseffekte freilich nur in Kleinformat technisch umzusetzen waren- da hat Schneider-Siemssen im Marionettentheater einschlägig experimentiert. „Hoffmanns Erzählungen“ war nur der Beginn...
Aber natürlich ist Schneider-Siemssen hierorts vor allem als kongenialer Bühnenbildner für Karajan im Gedächtnis, vor allem anderen die legendäre Osterfestspiel-Produktion des „Ring des Nibelungen“. Auch dazu gibt es übrigens eine Zeichen-Mappe.
Noch eine Salzburg-Facette aus seinem Leben: Sein erstes Engagement als Chefbühnenbildner erhielt Schneider-Siemssen 1951 unter Intendant Peter Stanchina am hiesigen Landestheater. Geboren wurde er 1926 in Augsburg. Als junger Architekt wirkte er bei sieben Spielfilmen in München und Berlin mit. Viele Jahre lang war Günther Schneider-Siemssen, seit den siebziger Jahren österreichischer Staatsbürger, Ausstattungschef der Österreichischen Bundestheater. Da war er sogar für den Opernball verantwortlich und verblüffte die Besucher mit Lichtspielereien sonder Zahl.
Manches hat sich bis in die Gegenwart gehalten – etwa jener „Fidelio“, deren Premiere einst Leonard Bernstein an der Wiener Staatsoper dirigierte. Die Produktion (Regie: Otto Schenk) ist dort immer noch zu sehen.
Bleibendes hat Günther Schneider-Siemssen auch selbst aufbereitet: Sein Domizil in Wien-Alsergrund hatte er vor einigen Jahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, eine Ausstellung mit gemalten und gezeichneten Entwürfen, Projektionsglasplatten und Modellen, Ehrenurkunden und Fotografien. Unter dem Titel „Die Bühne - Mein Leben“ erschien 1996 seine Autobiografie. (dpk-krie)