Ein Leben für die Musik ist zu Ende gegangen
TODESFALL / HANS LANDESMANM
19/09/13 Er hat nach Karajan die Salzburger Festspiele reformiert. Er hat das Wiener Konzerthaus geleitet, hat mit Claudio Abbado das Gustav Mahler Jugendorchester gegründet, das legendäre Festival „Zeitfluss“ und zuletzt die „Salzburg Biennale“: Hans Landesmann, der große Musikvermittler und Musikmanager ist gestern Mittwoch (18.9.), wenige Wochen nach dem Tod seiner Frau Elaine, 81-jährig in Wien verstorben.
Von Heidemarie Klabacher
Dass Musik von Webern, Berg und Schönberg – und vor allem natürlich „Neue Musik“ – heute ebenso selbstverständlich im klassischen Konzert erklingt, wie auf Spezial-Festivals, ist maßgeblich dem Wirken Hans Landesmanns zu verdanken. Dabei hat der präzise Analytiker auch das eigene Tun und Denken mit oft ironischer Distanz betrachtet. So spricht Landesmann in seinen – von Karl Harb aufgezeichneten – Erinnerungen „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“ etwa von Friedrich Cerha als „Ohrenöffner zur Neuen Musik“ – um im nächsten Satz auch schon ironisch fort zu fahren: „Wobei dieser Begriff schon durch die Großschreibung des Adjektivs eine komische Note erhält, als sei er als Warnhinweis gedacht, hier könnten Töne folgen, die nicht für eine größere Zuhörerschaft gedacht seien, die sich nur an Eingeweihte richteten.“
Wenn es denn so war – Hans Landesmann trug jedenfalls wesentlich dazu bei, dass es anders geworden ist: Die ungeliebten zeitgenössischen Alibi-Stücke in pflichtschuldigen Sandwich-Programmen sind bei den Veranstaltern längst ins Zentrum durchdachter Konzert-Dramaturgen gerückt. Das ist mit ein Verdienst des großen, immer leise und zurückhaltend auftretenden Hans Landesmann.
Er habe schon in jungen Jahren mit seinem Pioniergeist beim Aufbau der hiesigen Musikszene nach dem Zweiten Weltkrieg mitgeholfen, schrieb das Wiener Konzerthaus im Vorjahr in der Einladung zum Festkonzert anlässlich des 80. Geburtstages von Hans Landesmann am 1. März: „Als Generalsekretär des Wiener Konzerthauses in den Jahren 1978 bis 1984 setzte er wesentliche Akzente. Die Gründung des Gustav Mahler Jugendorchesters und des Festivals Wien Modern in den Achtzigerjahren, das sich binnen Kürze zu einem der wichtigsten zeitgenössischen Musikfestivals entwickelte, wären ohne seine Initiative nicht denkbar gewesen. Sein Gespür für Innovation und der Mut zu Neuem machten Hans Landesmann auch zu einem herausragenden musikalischen Leiter der Salzburg Festspiele, der Wiener Festwochen und zuletzt der von ihm gegründeten Salzburger Biennale.“
Hans Landesmann war ab 1989 Mitglied des Direktoriums der Salzburger Festspiele, nicht immer zur größten Freude Herbert von Karajans. Landesmann hat, nicht zuletzt als Mitglied der Findungskommission, die Gerard Mortier aus dem Hut zu zaubern wusste, Landmarken in der Entwicklung der Salzburger Festspiele gesetzt. Von 1991 bis 2001 war er Kaufmännischer Leiter und Konzertchef der Festspiele. Er hat das legendäre Festival „Zeitfluss“ in die Hände von Tomas Zierhofer-Kin und des späteren Konzertchefs und Intendanten Markus Hinterhäuser gelegt – und damit Festspielgeschichte geschrieben.
Nach seinem Ausscheiden aus den Festspielgremien und -positionen verlegte Hans Landesmann seinen Lebensmittelpunkt zurück nach Wien, blieb Salzburg aber immer eng verbunden. So ist denn auch das jüngste Festival in der zeitgenössischen Szene Salzburgs ein Kind Hans Landesmanns: 2009 fand die erste „Salzburg Biennale" statt. „Dass meine Wege nach den Wiener Festwochen wieder nach Salzburg zurückführen würden, war nicht geplant“, heißt es in seinen Erinnerungen. „Obwohl: Meine Verankerung in dieser Stadt war und ist ziemlich fest. Ich arbeite im Kuratorium der Stiftung Mozarteum, ich bin den Freunden der Salzburger Festspiele verbunden, und ich finde es immer wieder erstaunlich, welch reichhaltiges pulsierendes Kulturleben in einer so kleinen Stadt möglich ist.“
Der große kleine Herr mit dem feinen ungarischen Akzent über seinem eleganten Deutsch war ein Visionär, aber kein Revolutionär: „Das Bemerkenswerte an einem Festspielpublikum bliebt ja, dass es sich durchaus zu Ungewöhnlichem verführen lässt. Dazu sollte freilich der Mix aus prominenten Interpretennamen und einer abwechslungsreichen Programmstruktur stimmen. Aber weder Mortier noch ich wollten – wie das oft fälschlich dargestellt wurde – eine Revolution. Wir wollten eine dezidierte, klare aber gleichwohl fest in der Geschichte verankerte Erneuerung.“
Hans Landesmann, Sohn eines ungarischen Viehgroßhändlers, wurde 1932 in Wien geboren, wuchs zwischen 1938 und 1945 in Budapest auf, überlebte die NS-Zeit mit Glück und Hilfe des Zufalls. Schon früh liebte Hans Landesmann die Musik. Dennoch studierte er Chemie und trat 1957 in den Familienbetrieb ein. 1964 begann seine Karriere als Musikmanager im Wiener Konzerthaus.
Hans Landesmann, der große Musikvermittler und Musikmanager ist gestern Mittwoch (18.9.), wenige Wochen nach dem Tod seiner Frau Elaine, 81-jährig in Wien verstorben.
Bilder: dpk-krie