Roter Faden durch Mozarts Rock
IM PORTRÄT / JOHANNES MARIA STAUD
23/01/13 Von den Kleinen bis zu den ganz Großen – alle spielen sie Staud: das neu gegründete Mozart Kinderorchester wie die Wiener Philharmoniker, das Ensemble Intercontemporian wie das Mozarteumorchester. Johannes Maria Staud, Composer in Residence, ist bei der Mozartwoche 2013 in sieben Konzerten vertreten.
Von Heidemarie Klabacher
Für das Mozart Kinderorchester hat Johannes Maria Staud im Auftrag der Stiftung das Stück „Fugu“ geschrieben. „Es war eine tolle Idee von Matthias Schulz, auch das Werk eines Komponisten zu programmieren, der neben Mozart einen Leitfaden der gesamten Mozartwoche darstellt. Er bat Johannes Maria Staud um ein Stück von drei bis vier Minuten Länge, das für die Kinder herausfordernd ist, sie aber nicht überbeanspruchen solle. Und Fugu ist eine Herausforderung! Es ist rhythmisch vertrackt, verwendet viele Spieltechniken – man kann also gut ausforschen, was man mit dem Instrument alles machen kann.“ Das sagt Dazu Christoph Koncz, der Leiter des Mozart Kinderorchesters, im Almanach der Mozartwoche. Das neu gegründete Mozart Kinderorchester der Stiftung Mozarteum Salzburg ist ein gemeinsames Projekt mit dem Musikum Salzburg, prima la musica, der Musikschulen Bad Reichenhall, Burghausen, Grassau und Traunstein und dem Leopold Mozart Institut der Universität Salzburg. Geleitet wird es von Christoph Koncz. Das Konzert am 3. Februar im Großen Saal des Mozarteums dirigiert allerdings der Künstlerische Leiter der Mozartwoche – Marc Minkowski persönlich. Der Moderator - Sven-Eric Bechtolf - ist auch kein unbekannter.
Kein Wunder also, dass bei einem so hochkarätig besetzten Konzert das Mozart Kinderorchester mit „Fugu“ auch gleich eine Uraufführung spielt.
Fast eine Uraufführung hat auch das Ensemble Intercontemporain bekommen – Johannes Maria Staud hat sein Ensemblestück Par ici! im Auftrag der Stiftung Mozarteum für die Mozartwoche 2013 überarbeitet und erweitert. Im Konzert am 2. Februar im Haus für Mozart steht auch Stauds Stück für Fagott solo „Celluloid“ auf dem Programm: Dieses Werk wurde für den Solofagottisten der Sächsischen Staatskapelle, Joachim Hans, geschrieben. Der Titel, so Staud im Almanach, beziehe sich auf ein Gedicht von Rolf Dieter Brinkmann, der darin von der „endlosen Ausdehnung von Celluloid“ spreche. „Das Fagott ist meiner Meinung nach ein etwas unterschätztes Instrument“, sagt der Komponist. Erst seit wenigen Jahren, spätestens seit Luciano Berios Sequenza, scheint sich das etwas zu ändern. Das empfand ich ganz ähnlich wie bei den alten Celluloid-Bändern, die im heutigen Zeitalter der Digitalisierung leider kaum mehr gespielt werden …“
Thomas Zehtmair spielt am 1. Februar Staus „Towards a Brighter Hue“ für Violine. Eine motivische Keimzelle aus seiner Oper Berenice sei für Johannes Maria Staud der Anknüpfungspunkt für dieses Violin-Solostück gewesen. Pierre-Laurent Aimard spielt die „Bewegungen für Klavier“. Im Kammerkonzert von Caroline Widmann und Freunden am 31. Jänner erklingt das Stück „Lagrein“ für Violine, Klarinette, Violoncello und Klavier aus 2008. Das Cellokonzert „Segue“ spielt Jean-Guihen Queryras im Konzert des Mozarteumorchesters unter Pablo Heras-Casado am 30. Jänner. Und das Quatuor Diotima spielt am 26. Jänner „Dichotomie“.
Besonders gespannt sind natürlich alle auf das Konzert der Wiener Philharmoniker unter Teodor Currentzis am 30. Jänner im Großen Festspielhaus: Hier steht die Uraufführung von Johannes Maria Stauds Orchesterfassung von Mozarts Fantasie c-Moll KV 475 auf dem Programm. Für einen experimentell orientierten Komponisten des 21. Jahrhunderts wie Johannes Maria Staud übe die „fast rhapsodisch anmutende formale Faktur der Mozartschen c-Moll-Fantasie den besonderen Reiz aus“. Den Plan zur Orchestrierung dieses Werkes hege Jder KOmponist bereits seit seiner Studienzeit, heißt es im Almanach. „Seine intensive Auseinandersetzung mit Mozarts Werk reicht somit bis an den Beginn seiner Karriere zurück. Konkrete Spuren davon finden sich nicht zuletzt in seinem Cellokonzert Segue aus dem Jahr 2006, das auf einer Skizze Mozarts basiert sowie seiner Replik auf die c-Moll-Messe Infin che’l mar fu sovra noi richiuso, die bei den Salzburger Festspielen 2012 zur Uraufführungkam.“
Dennoch betrete Staud mit der Orchestrierung der c-Moll-Fantasie Neuland, „da sie von ihm eine noch unmittelbarere kompositorische Arbeit am musikalischen Material Mozarts erfordert als die bislang entstandenen Werke mit Mozart-Bezug“. Staud selbst sehe darin eine Herausforderung, eigene kompositorische Konzepte zugunsten des Mozartschen Klavierparts bewusst zurückzunehmen. Das werde etwa an der Orchesterbesetzung deutlich, die Staud an die Besetzung der Klavierkonzerte Mozarts anlehne - auch wenn er dadurch auf Klangfarben des modernen Orchesterapparates verzichte. „Trotz dieser Reverenz an Mozart bleibt Staud aber Komponist unserer Zeit, der die begrenzte orchestrale Besetzung des späten 18. Jahrhunderts in den Kontext seiner eigenen Klangsprache stellt.“
Johanes Maria Staud wurde 1974 in Innsbruck geboren. Von 1994 bis 2001 studierte er an der Wiener Musikhochschule bei Michael Jarrell (Komposition), Dieter Kaufmann (Elektroakustische Komposition), Iván Eröd (Harmonielehre, Kontrapunkt) und bei Hanspeter Kyburz an der 'Hanns Eisler-Hochschule für Musik' in Berlin. Er besuchte Meisterkurse u. a. bei Brian Ferneyhough und Alois Pinos und ist ein Mitbegründer der Komponistengruppe 'Gegenklang' in Wien. 199/2000 hat er das Stipendium der Alban-Berg-Stiftung und seither zahlrieche weitere Preise und Auszeichnungen erhalten. 2011 war Johannes Maria Staud Capell-Compositeur bei der Sächsischen Staatskapelle Dresden.