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Theater ist für ihn eine „soziale Skulptur“

IM PORTRÄT / REINHOLD TRITSCHER

22/09/11 Er ist ein Theater-Mensch, der sich selbst immer treu geblieben ist: Wenn heute, Donnerstag (22.9.) nach der Premiere von Bulgakows Stück „Moliere oder die Kabale der Scheinheiligen“ das „Theater ecce“ sein fünfzehnjähriges Bestehen feiert, dann ist das eine Feierstunde vor allem für Reinhold Trischer.

alt„Im Mittelpunkt des Theaterverständnisses steht nicht die reine Unterhaltung, sondern stets der Mensch in Beziehung zur Gesellschaft, die Verfassung des Menschen in bestimmten gesellschaftlichen Konstellationen.“ Das Theater ecce steht seit je her auch für politische Theaterarbeit. „Der Begriff der ‚sozialen Skulptur‘ spielt eine zentrale Rolle“, erklärt Tritscher. „Stück und Aussage bestimmen Ensemble und den Aufführungsort.“

Reinhold Tritscher hat für sich und seine Theaterarbeit nie mit finanzieller Absicherung spekuliert, immer ist er aufrechten Ganges und guten Mutes seinen eigenen Idealen und Vorstellungen gefolgt. Mit einem Eifer, der Außenstehenden schon mal als geradezu fanatisches Sendungsbewusstsein erscheinen mag. Aber genau das gehört zu diesem Theatermann: Er sieht immer die Botschaft, und es fehlt ihm nicht der Glaube, dass er mit seinem Theater auf lange Sicht etwas bewirken kann. Das Bewusstsein seines Publikums schärft er allemal.

Fast zwangsläufig ist Tritscher bald auf die integrative Arbeit mit beeinträchtigten Gesellschaftsgruppen gekommen, mit Behinderten oder sozial Ausgegrenzten. Ein gutes Stück Wegs ist Tritscher mit Wolf Junger und den „Blauen Hunden“ gegangen. Mit solchen Projekten ist das Theater ecce auch am nachhaltigsten wahrgenommen und gewürdigt worden, etwa mit der Verleihung der "Rose für Menschenrechte" an das Nachtasyl-Ensemble (2008), oder mit einem Würdigungspreis des Bundeskanzleramtes der Republik Österreich für realisierte Kunstprojekte zur Integration von Menschen mit Behinderung (2004).

„Fünfzehn Jahre Theater ecce bedeuten dreißig Produktionen in freier Theaterarbeit ohne Infrastruktur, ohne Werkstätten, ohne Probenräume, ungezählte theaterpädagogische Projekte mit Kindern, Jugendlichen oder Randgruppen, ständiges Mühen und ‚Raufen‘ um Finanzierungen, Aufführungsmöglichkeiten, Räume.“ Seit dem Vorjahr ist Reinhold Tritscher künstlerischer Leiter des Odeions. Damit ist auch das Theater ecce, wenigstens was eine Spielstätte betrifft, etwas besser abgesichert. Tritscher ist aber durchaus die Abgrenzung von Theater ecce und Odeion wichtig.

„Jahr für Jahr, Projekt für Projekt wurde eine Theaterwelt neu erfunden und wieder fallengelassen, wurden neue Räume eröffnet“: Theaterzelt Volksgarten, Kavernen Gstättengasse, Stadtwerke Hochhaus, Odeïon, Große Halle Lehrbauhof – Tritscher war um ungewöhnliche Spielorte nie verlegen. „Das Publikum hat uns immer gefunden, manchmal wenige Interessierte, manchmal in Scharen, immer ermutigend zum Weitermachen.“

Reinhold Tritscher war einer der Initiatoren der Aktion „Hunger auf Kunst und Kultur“ in Salzburg (für Menschen mit geringem Einkommen stehen Freikarten zur Verfügung). „Austritt statt Eintritt“ war auch so eine Idee, die er seit geraumer Zeit mit dem Theater ecce gelegentlich praktiziert: Man kauft nicht vorher eine Eintrittskarte, sondern zahlt am Schluss, was einem die Aufführung wert war.

„Offen ist immer noch die Frage nach dem ‚Wie weiter?‘. Wie umgehen mit dem bestehenden Finanzloch, den über die Jahre mitgeschleppten Schulden, den nach wie vor desaströsen finanziellen Bedingungen für die beschäftigten Künstlerinnen und Künstlern. “ Wer Reinhold Tritscher kennt, der weiß, dass sich dieser Theatermacher von keinem Finanzloch wird abhalten lassen von ehrgeizigen Projekten, mit denen er uns mitteilt, dass Theater unmittelbar mit uns und unserem Leben zu tun hat. (dpk-krie)

„Moliere oder die Kabale der Scheinheiligen“ hat heute, Donnerstag (22.9.) um 10.30 Uhr im Odeion Premiere, danach wird das fünfzehnjährige Bestehen gefeiert und es gibt eine Fotoausstellung - www.theater-ecce.com
Bild: dpk-klaba

 

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