Ins Glockenspiel hineingeheiratet
IM PORTRÄT / ERICH SCHMIDT
27/01/11 Erich Schmidt ist derjenige, der die Melodien im Salzburger Glockenspiel setzt. Das heißt: Er montiert Stifte auf eine Messingwalze mit zweieinhalb Metern Durchmesser. Diese Stifte lösen dann die Mechanik in Richtung Glocken aus. Sein erstes "Opus" fürs renovierte Glockenspiel auf dem Turm der Neuen Residenz: "Das klinget so herrlich"
Von Reinhard Kriechbaum
Wie wird man eigentlich Glockenspiel-Setzer? Ist da ein Musiker, ein Instrumentenbauer, ein Uhrmacher gefragt? Nichts von alledem. „Ich habe ins Glockenspiel hineingeheiratet“, sagt er lachend und erklärt auf den verdutzten Blick des Fragestellers die Familiengenealogie.
Da gab es einst die Optiker- und Uhrmacherfamilie Fischer (mit einem Geschäft in der Haydnsstraße). „1873 hat der Ur-Schwiegergroßvater die Betreuung des Glockenspiels übernommen.“
Diese Aufgabe ist dann an die jüngeren Generationen weitergereicht worden. Erich Schmidts Schwiegervater war Karl Weiser. „Ab meiner Schwiegersohntätigkeit“, sagt der jetzt Sechzigjährige verschmitzt, sei er mit Weiser regelmäßig aufs Glockenspiel gegangen. Das hat 1974 begonnen. 1988 wurde ihm das Stiftsetzen offiziell übertragen. Jetzt hilft ihm seine Frau, denn es ist ja nicht damit getan, die Metallstifte ins quadratische Loch der riesigen Walze zu stecken.
Von innen muss der Bolzen festgeschraubt werden. Da ist es praktisch, wenn Frau Schmidt drinnen steht in der Walze und die Mutter festzieht. Wenn ab morgen Freitag (28.1.) das Glockenspiel nach seiner Restaurierung wieder ertönt, steckt also auch ein familiärer Gleichklang hinter der Melodie „Das klinget so herrlich“ aus Mozarts „Zauberflöte“.
Gilt es, ausgeklügelte „Schaltpläne“ zu lesen, wenn eine Melodie in handfeste Mechanik übertragen wird? „Ich habe nur die Noten zu den Musikstücken“, sagt Erich Schmidt. Der Plan ist die Walze selbst: Jede Lochreihe längs steht für einen Ton, in regelmäßigen Abständen ist ins Metall der Name des Tons graviert.
„Ein Reihenabstand ist eine Achtelnote“, erklärt Schmidt. „Es gäbe auch Sechzehntelstifte, aber die haben wir schon lange nicht verwendet.“ Man würde zu schnelle Noten-Abfolgen ohne nicht hören.
Wie lang darf eine Melodie fürs Glockenspiel sein? 28 Vierviertel-Takte, oder 36 Dreivierteltakte. Da sind dem Stiftsetzer (und dem Komponisten) die Hände gebunden.Das sagt nichts über die Dauer aus, denn die Geschwindigkeit lässt sich individuell für jedes Musikstück regeln.
Das Repertoire? „Die übliche Melodie für den Jänner wäre ‚Üb immer Treu und Redlichkeit‘ – aber zum Auftakt jetzt haben wir uns für Mozart entschieden.“ Zu Ostern gibt es „Christ ist erstanden“ oder ein Halleluja.
Auch sonst geht Schmidt gerne mit dem Kirchenjahr. Und dann gibt es ja noch jene sechzehn „Monatsmelodien“ (datiert von September 1798 bis Dezember 1799), die früher Michael Haydn zugeschrieben worden sind. Aber der Komponist bzw. Arrangeur war vermutlich eher ein Schüler, der Gasssenhauer verarbeitet hat. Immerhin kommt die Melodie „Oh du lieber Augustin“ vor.
„Wir haben auch schon moderne Sachen gespielt“, erinnert sich Erich Schmidt, „Stücke von Olivier Messiaen, Thomas Daniel Schlee und von Gerhard Wimberger, aus dessen Wolf-Dietrich-Oper.“ Übrigens wird es bald wieder modern vom Glockenspielturm tönen, denn die Salzburg Biennale (im März) hat ein Auftragswerk dafür vergeben. Gewiss eine nicht alltägliche Herausforderung für den Stiftsetzer.