„Ja hallo!“
IM PORTRÄT / PRÄLAT JOHANNES NEUHARDT
22/09/10 Sein schneidiges „Hallo“ lässt Widerspruch eigentlich nicht zu. Und mit Vorliebe redet er sein Gegenüber in der dritten Person an. - Prälat Johannes Neuhardt feiert heute, Mittwoch (22.9.) seinen 80. Geburtstag. Seit genau einem halben Jahrhundert ist er Diözesankonservator.
Von Reinhard Kriechbaum
Eine Museumsführung, eine Kunstreise, aber auch manches kurze Gespräch birgt Überraschungen, denn die Stärke des diözesanen Kunst-Sachverständigen ist der intellektuelle Seitensprung. Er hat die Gabe, einzusteigen auf seine Zuhörer und sie mit gedanklichen Abschweifungen und Querverbindungen hinein zu ziehen ins jeweilige Thema.
Schon seit 1960 ist Johannes Neuhardt Diözesankonservator, der dienstälteste kirchliche Schatzzwerg in Österreich (und wahrscheinlich im deutschsprachigen Raum). Zu seinen besonderen Verdiensten zählt die Gründung des Dommuseums im Jahr 1974, dessen Direktor er bis 1994 war. Mit Nora von Watteck hat er im damals neuen Museum die Kunst- und Wunderkammer eingerichtet - und das ist kennzeichnend für sein Selbstverständnis als Ausstellungsmacher: Auch vermeintlich „trockene“ Themen hat er immer für den Betrachter haptisch aufzubereiten gewusst. Auch andere Museen tragen diese seine Handschrift, zum Beispiel das Augustinermuseum im tirolerischen Rattenberg oder die Schatzkammer in der Wallfahrtskirche Maria Kirchental.
Nach fünfzig Jahren als Diözesankonservator ähnelt Johannes Neuhardt einem lebenden Lexikon. Gerade sein Wissen um rare Stücke in Privatbesitz hat er immer wieder für Sonderausstellungen im Dommuseum eingesetzt. Er hat den ehemaligen Salzburger Domschatz für kurze Zeit wieder zusammengeholt (unter anderem aus der Silberkammer des Palazzo Pitti in Florenz), er hat sich verdient gemacht um die Erforschung von Wallfahrten in unserem Raum, um Devotionalien und Objekte der Volksfrömmigkeit.
Mit der Schau über das beschnitzte Steinbockhorn hat er einen genuinen Zweig Salzburger Kunsthandwerks herausgestellt – und gerade diese Schau hätte wohl kein anderer so zustande bringen können wie Neuhardt, der wie kein zweiter weiß, in welchen Privatsammlungen sich lohnende und originelle Dinge finden. Mit demselben untrüglichen Instinkt hat er auch eine viel beachtete Schau mit Stadt-Veduten organisiert.
Über dem von ihm eifrig betriebenen Dialog zwischen Kirche, Kunst und Wissenschaft darf man sein pastorales Wirken nicht übersehen: Besondere Verdienste erwarb er sich um den Auf- und Ausbau der Telefonseelsorge, deren geistlicher Leiter er viele Jahre war. Seine besondere Affinität zu Presse, Hörfunk und Fernsehen machte ihn zum gefragten Ansprechpartner auch für die Medien.
Johannes Neuhardt wurde 1930 in Salzburg geboren. Nach dem Studium der Theologie empfing er als 23jähriger die Priesterweihe - er war der jüngste Priester der Erzdiözese. Anschließend wirkte er als Kooperator in Bischofshofen, Kufstein-Endach, Kitzbühel und als Subregens im Salzburger Priesterseminar. Es folgte ein Zweitstudium der Kunstgeschichte und der klassischen Archäologie an der Universität Innsbruck, das er 1960 mit der Promotion zum Dr. phil. abschloss. Seit 1978 ist Johannes Neuhardt Mitglied im Metropolitan- und Domkapitel, dem er von 1992 bis 2005 als Dechant vorstand. Papst Johannes Paul II. ernannte ihn zum Apostolischen Protonotar.
Neuhardt leitet den Kardinal-König-Kunstfonds. Der alle zwei Jahre vergebene Preis dieser Stiftung geht nicht zuletzt auf sein persönliches Mäzenatentum zurück.