Lebenskreise um Salzburg
TODESFALL / JÜRGEN FLIMM
05/02/23 So viele Inszenierungen sind es gar nicht, die Jürgen Filmm zu den Salzburger Festspielen beigetragen hat. Aber es waren sehr bemerkenswerte dabei. In Schauspiel, wie Oper. Unvergessen bleibt Monteverdis L’incoronazione di Poppea. Das Young Directors Project und das noch immer durchgeführte Young Singers Project sind Initiativen von Jürgen Flimm.
Von Heidemarie Klabacher
Sein Regiedebüt bei den Salzburger Festspielen gab Flimm, damals Intendant des Hamburger Thalia Theaters, 1987 mit Ferdinand Raimunds Bauer als Millionär mit Otto Schenk und Gertraud Jesserer. 1989 folgte Johann Nestroys Mädl aus der Vorstadt, wieder mit Jesserer und Schenk sowie mit Karl Merkatz und Louise Martini. 1991 zickte Karlheinz Hackl als Hugo von Hofmannsthals Der Schwierige in den Kostümen von Karl Lagerfeld...
Nun ist Jürgen Flimm Alter von 81 Jahren verstorben. Da erinnert man sich vielleicht gar nicht so gerne daran, dass es ein recht kleinlicher Hickhack war, unter dem Jürgen Flimm als Festspielintendant aus Salzburg geschieden ist. Intendant ist er 2006 geworden, sein Vertrag wäre bis 2011 gelaufen. Aber 2010 schon übernahm er auch die Intendanz der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Das haben ihm in Salzburg viele krumm genommen, obwohl Flimm damals durchaus zurecht versicherte, dass der Festspielsommer 2011 zu diesem Zeitpunkt längst fertig programmiert war. Flimm hat damals seinen Vertrag vorzeitig aufgekündigt.
„Jürgen Flimm, einer der maßgeblichsten und erfolgreichsten Regisseure und Theaterleiter im deutschsprachigen Raum, hat die Salzburger Festspiele auf vielfache Weise geprägt“, sagt Intendant Markus Hinterhäuser in einem Nachruf der Festspiele: „Als Opern- und Theaterregisseur feierte er Triumphe bei Publikum und Kritik.“
Die Verbindung mit den Salzburger Festspielen ist viel älter. Sein Regiedebüt gab Flimm, damals Intendant des Hamburger Thalia Theaters 1987. Es folgten Meilensteine: „1993 bescherte Flimm mit Monteverdis L’incoronazione di Poppea der Intendanz Mortier einen großen Opernerfolg“, erinnert Markus Hinterhäuser. Ebenfalls mit Nikolaus Harnoncourt folgte 2004 King Arthur von John Dryden und Henry Purcell.
2001/02 wurde Jürgen Flimm Nachfolger von Frank Baumbauer und Kurzzeit-Schauspielchef der Festspiele. Als solcher beauftragte er 2002 den bayerischen Regisseur Christian Stückl mit der Neuinszenierung des Jedermann, die bis 2013 gespielt wurde. Als Nachfolger von Gründungs-Intendant Gerard Mortier übernahm Jürgen Flimm die Intendanz der Ruhrtriennale, kehrte 2006 als Festspielintendant nach Salzburg zurück, um 2010 als Intendant an die Staatsoper Unter den Linden nach Berlin zu gehen.
Fast schon wieder ein wenig vergessen ist das Young Directors Project, von 2002 bis 2014 ein Karriere-Sprungbrett für junge Regisseure wie etwa Alvis Hermanis. Auch das seit 15 Jahren noch immer stattfindende Young Singers Project geht auf eine Initiative Jürgen Flimms zurück. „Die schwarze Fahne, die heute am Festspielhaus weht, ist ein Zeichen der Trauer und der Dankbarkeit für Jürgen Flimms Wirken für die Salzburger Festspiele“, erklärt das Festspieldirektorium in seiner Aussendung heute Sonntag (5.2.).
Jürgen Flimm ist 1941 in Gießen geboren worden und in Köln aufgewachsen. Schon früh begleitete er seinen Vater, einen praktischen Arzt, ins Theater: Flimm senior war Theaterarzt. Jürgen Flimm hat in Köln Theaterwissenschaften, Germanistik und Soziologie studiert und an der Studiobühne der Universität erste Theatererfahrung gemacht. Seine Karriere begann 1968 an den Münchner Kammerspielen als Regiassistent bei Fritz Kortner, Hans Schweikart, August Everding und Paul Verhoeven. Ab 1971 entstanden Flimms erste eigene Regiearbeiten in Zürich, Hamburg, Wuppertal oder München. 1972 wurde Flimm Spielleiter am Nationaltheater in Mannheim, von 1973 bis 1975 war er Oberspielleiter am Thalia Theater Hamburg. 1979 übernahm Jürgen Flimm am Kölner Schauspielhaus seine erste Intendanz. Seine fünfzehn Jahre als Intendant des Thalia-Theatersvon 1985 bis 2000 bedeuteten eine Hoch-Zeit für diese Institution.
Bild: dpk-krie (2); SF/Luigi Caputo (1)