Mit großer Geste und archaischer Anmutung
TODESFALL / JOSEF ZENZMAIER
04/02/23 Es war wohl Mitte der 1980er Jahre, als der Schreiber dieser Zeilen das erste Mal die Bronzegießer-Werkstatt von Josef Zenzmaier betrat. Damals schon erzählte der Künstler von seiner Vision, eine riesige Paracelsus-Statue zu schaffen, größer noch als der Heilige Virgil im Foyer des erzdiözesanen Bildungszentrums.
Von Reinhard Kriechbaum
Die Realisierung dieses Werks nahm schließlich fast dreißig Jahre in Anspruch, und Josef Zenzmaier musste manche Rückschläge technischer Art hinnehmen. Zwei Mal war das Wachsmodell der weit überlebensgroßen Figur vor dem Guss abgebrannt. Ursprünglich war die Statue für die naturwissenschaftliche Fakultät in Freisaal gedacht gewesen. Nach Stationen im Keltenmuseum in Hallein und im Hof der Neuen Residenz in Salzburg fand sie 2015 ihren endgültigen Platz in Lehen vor der Medizinischen Privatuniversität, die ja auch den Namen Paracelsus trägt. Es war das letzte Werk in solchen Dimensionen von einem Künstler, über den der ehmals in Salzburg tätige Galerist Nikolaus Topic-Matutin jetzt in einem Nachruf schreibt, er sei „im volatilen Kunstmarkt kaum wahrgenommen“ worden. Das stimmt natürlich, überregional betrachtet.
In Salzburg kam und kommt man an Werken von dem in der Nacht von 27. auf 28. Jänner verstorbenen Josef Zenzmaier aber nicht vorbei. Spaziergänger auf dem Kapuzinerberg begegnen der Porträtbüste von Stefan Zweig, einem Werk von 1983. Der beinah drei Meter große Heilige Virgil im Bildungshaus entstand 1976. Eine Büste des Festspielhaus-Architekten Clemens Holzmeister steht dort seit 1981.
Jedem Festspielbesucher ein Begriff: die Bronzetüren am Haus für Mozart, in Auftrag gegeben zum Mozart-Jahr 2006. Da sind Mozarts Opern das Thema. Das Bronzemädchen vor dem Keltenmuseum in Hallein ist erst seit 2017 dort.
Für die Erzdiözese Salzburg war Josef Zenzmaier so etwas wie der Haus- und Hof-Skulpturist. Vom Volksaltar bis zur Kanzel, von Torgestaltungen bis vom Kruzifix, Madonnen- und Heiligenfiguren sonder Zahl – für Kirchen im näheren und weiteren Umkreis sind viele Dutzend Arbeiten entstanden. Besonders in Zenzmaiers engerer Heimat, dem Tennengau, findet man Kirchenkunst von ihm quasi auf Schritt und Tritt.
Josef Zenzmaiers Horizont reichte weit über die Gebirgsmassive hinaus, die er vor seinem Atelier in Kuchl quasi in Griffweite hatte und die für ihn auch Inspiration bedeuteten. Schon als Dreizehnjähriger war die Bildhauerei sein Berufswunsch. Er besuchte die Bundesfachschule für Holz-, Stein- und Metallbearbeitung in Hallein, machte danach in den Mayr-Melnhof´schen Marmorwerken am Fuß des Untersbergs eine Steinmetzlehre.
Entscheidende Freundschaften schloss er auf der Sommerakademie für Bildende Kunst. (Dort hat Zenzmaier dann selbst von 1979 bis 1996 eine Klasse für Bronzeguss geleitet): 1953 begegnete er Oskar Kokoschka, 1954 Giacomo Manzù, dessen Mitarbeiter er im Jahr darauf wurde. An der Werkkunstschule in Köln machte er Bekanntschaft mit dem Bildhauer Gerhard Marcks.
„Von Kokoschka erfuhr Josef Zenzmaier, dass das Erlebnis Voraussetzung für eine Vision ist. Gerhard Marcks hat ihm Selbstvertrauen gegeben. Manzù erschloss ihm das Erhabene, das von der Antike und vom Humanistischen durchdrungen ist.“ Das schrieb Wolfgang Richter im DrehPunktKultur zum achtzigsten Geburtstag des Künstlers.
Das Handwerk des Bronzegießens, seine Domäne, hat Josef Zenzmaier bei Manzu gelernt. 1969 errichtete er eine eigene Gießhütte in Kuchl und gründete die Arbeitsgemeinschaft bronzegießender Bildhauer. Der Künstler leitete aber auch von 1979 bis 1983 das Seminar für Steinbildhauerei in St. Margarethen im Burgenland. 1970 wurde Zenzmaier Obmann des damals neu gegründeten Tennengauer Kunstkreises. Dreißig Jahre lang leitete er dort einen wöchentlichen Aktzeichenkurs.
Josef Zenzmaier wäre im März neunzig Jahre alt geworden.
Bilder: Wikimedia / Stefan Zenzmaier (3), Eweht (1)
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