auf de aundan hau i in huat
TODESFALL / ARIK BRAUER
25/01/21 „Nach einem Salzburg-Bezug muss man lang suchen“, schrieben wir vor nicht ganz zwei Jahren, Arik Brauer feierte damals seinen 90. Geburtstag. Im Frühjahr 2019, würdigte ihn das Salzburg Museum mit einer Werkschau unter dem Motto „Frauenschicksale“.
Von Reinhard Kriechbaum
Arik Brauers bis dahin einzigen Salzburg-Bezug fanden wir damals in den Annalen der Internationalen Sommerakademie: 1982 und 1983 leitete er eine Klasse für Malerei. Er war einer der Hauptvertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Von 1986 bis 1997 war Arik Brauer ordentlicher Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien.
Wir wollen hier zu keinem Nachruf auf den Maler Arik Brauer anheben, sondern an ihn als Liedermacher erinnern – und an einen, der bis zuletzt hellwach über die Gefährdung von Demokratie nachdachte. Wie maßgeschneidert passt sein 1971 veröffentlichtes Lied Sein Köpferl im Sand auf unsere Gesellschaft:
Hinter meiner, vorder meiner, links, rechts güts nix
Ober meiner, unter meiner siach i nix
Spür nix, hear nix und i riach nix
Das könnte heutzutage die Hymne der Ich-AGs ebenso sein wie der Coronaleugner und Impfgegner, wenn auch die vierte Refrain-Zeile leider nicht so gut passt auf sie alle:
Denk i nix und red i nix und tu i nix
Ach täten die, die nichts denken, doch den Mund und sich von sozialen Medien fern halten... Brauer würden wir heute als Singer/Songwriter bezeichnen (den Begriff gab es in den 1970er Jahren noch nicht). Sein Köpferl im Sand richte sich „nicht gegen eine bestimmte Gruppe, sondern gegen Jederman, der sich betroffen fühlt“, schickte er seinem Hit voraus. Es gäbe viele heutzutage, die sich betroffen fühlen sollten, deren Devise aber ist:
auf de aundan hau i in huat
Arik Brauer, Jahrgang 1929, überlebte den Holocaust im Versteck in Wien-Ottakring. Er wusste um die Zerbrechlichkeit von Demokratie, und er war keineswegs nur ein Warner vor neu aufflammendem Antisemitismus. Die Diskussion darum heizte Brauer angesichts der Migrantenströme aus islamischen Ländern mächtig an, er wusste aber auch um die Gefahr der Ausgrenzung von unliebsamen Stimmen: 2018 hatte das Mauthausen Komitee FPÖ-Vertreter dezidiert für die Befreiungsfeier ausgeladen – Arik Brauer, der leidenschaftliche Demokrat, nannte das einen Fehler, was nicht nur bei der israelitischen Kulturgemeinde schlecht ankam. Deren präsident Oskar Deutsch aber jetzt in einem Nachruf: „Sein Engagement für Demokratie und Menschenwürde stehen seinem Schaffenswerk in Bedeutung und Umfang in nichts nach.“
Auch Sepp Schellhorn, Kultursprecher der NEOS, nimmt auch auf Sein Köpferl im Sand Bezug und schreibt in einem Nachruf: „Für Arik Brauer war seine Kunst immer auch eine Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, dem Wegschauen, dem willentlichen Ignorieren. Gerade seine Lieder haben der Gesellschaft einen Spiegel vorgehalten, der die Fratze des bequemen Mitläufertums offenbart hat. Umso wichtiger ist, dass wir seine Appelle für Demokratie, Mitgefühl und Menschlichkeit hören.“ Aber ein frommer Wunsch wohl: „Mögen wir alle weniger unser Köpferl in den Sand stecken, wenn der Wind weht.“