Ein Spieler und Geschichte(n)erzähler
TODESFALL / GÜNTHER BAUER
15/12/20 Wann und mit welcher Trefferquote sich Mozart dem Bölzelschießen widmete, wie es um des Komponisten Fähigkeit beim Bosseln (Kegelscheiben) bestellt war – darauf hatte Günther Bauer alleweil Antworten bereit. – Zum Tod des ehemaligen Mozarteum-Rektors.
Von Reinhard Kriechbaum
An einem Ort, an dem es nun wirklich nicht fehlt am Mozart-Expertise, hat Professor Günther Bauer sich auch als eine Art Mozart-Privatgelehrter einen Namen gemacht. Dazu ist er nämlich nicht Kraft Amt, als Rektor der Universität Mozarteum, geworden, sein Hauptfach war ja die Schauspielerei. Er kam als „homo ludens“ auf Mozart: Günther Bauer hatte an der Universität Mozarteum auch das Institut für Spielforschung und Spielpädagogik gegründet und bis 2008 (also bis in sein 80. Lebensjahr) geleitet. Und da entdeckte er Mozart, den leidenschaftlichen Spieler, gleichsam als Wesensverwandten für sich. Sein Buch Mozart. Glück, Spiel und Leidenschaft ist eine grundlegende Arbeit zum Thema und wurde in viele Sprachen, sogar ins Japanische übersetzt.
Hatte Mozart ein Notenlineal? Wie hieß Mozarts Reitpferd und was hat es gekostet? Welchen Korkenzieher benutzte er und wo sind seine Lotto-Scheine geblieben? Nach welchem Kochbuch ließ er kochen? Was war seine Lieblingsseife? Und wonach roch die Seife seiner Frau? – Das hat Bauer in seinem Buch Was Sie schon immer über Mozart wissen wollten verraten (eines von gut einem halben Dutzend Mozart-Büchern aus seiner Feder).
Als Geschichtenerzähler war er fast unschlagbar, und diese Fähigkeit gründete in seinen weit gespannten kulturhistorischen Interessen. Günther G. Bauer, 1928 in Bregenz geboren, kam 1932 mit seiner Familie nach Salzburg und studierte hier Schauspiel und Regie (Diplom 1951). Damals verdiente er sommersüber Geld beim Jedermann, in allerbester Tischgesellschaft etwa mit Johanna von Koczian, Curth Anatol Tichy, Herbert Fux, Martha Jenisch, Brigitte Antonius. Die alle haben dort, an Jedermanns Festtafel, angefangen...
Später studierte Günther Bauer Theaterwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte in Wien und Salzburg (Promotion 1978). Den weiten kulturhistorischen Horizont wusste er gut zu nutzen, egal ob es um Mozart ging oder um die Figuren im Zwerglgarten beim Schloss Mirabell. Auch in Sachen Barockzwerge konnte ihm nämlich keiner was vormachen. Dem „steinernen Zwergentheater des Fischer von Erlach“ widmete Bauer eines seiner vielen Bücher, seine einschlägige Privatsammlung über Barockzwerge hat er dem Salzburg Museum zugedacht.
Spiel-Themen hat sich der nun im Alter von 92 Jahren Verstorbene als „homo ludens“ aus Leidenschaft sonder Zahl gewidmet. Das ist der Titel einer von ihm begründeten Buchreihe des Instituts für Spielforschung und Spielpädagogik (jetzt heißt es „Archiv Spielforschung und Playing Arts“). Kein Zufall, dass ein von seinem Nachfolger als Spieleforscher am Mozarteum, Rainer Buland, herausgegebenes Buch über Bauer mit Ein „Ewigspielender“: Schauspieler, Rektor, Spiel- und Mozartforscher überschrieben ist.
Schauspielerei war die ursprüngliche Profession: Engagements führten ihn ans Salzburger Landestheater, nach Wien, Berlin, Frankfurt, Göttingen und Graz. Er war Mitglied des Wiener Burgtheaters, seit 1971 lebte er wieder in Salzburg. Hier war er 19 Jahre lang künstlerischer Leiter des von ihm gegründeten Salzburger Kinder- und Jugendtheaters. Ab 1979 war er zudem Generalsekretär und von 1995 bis 2001 auch Präsident des P.E.N.-Club Salzburg.
Bilder: Stadt Salzburg / J. Knoll (1); privat (1)