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Im Namen des Blockflöten-Schutzpatrons

IM PORTRÄT / DOROTHEE OBERLINGER

20/11/20 Kürzlich hat Dorothee Oberlinger, international gefragte Blockflötistin und Professorin an der Universität Mozarteum Salzburg, in Magdeburg den Georg-Philipp-Telemann-Preis entgegen genommen. Dort wurde Telemann 1681 geboren.

Für die Blockflötisten ist Georg Philipp Telemann so etwas wie der heimliche Schutzpatron. In der Mozarteums-Barocknacht 2016 (im Jahr seines 250. Todestages) hat es Dorothee Oberlinger mit Musik von ihm so recht knallen lassen. Weltmännisch telemännisch titelten wir damals. Im Gegensatz zu Bach, den seine Zeitgenossen bekanntlich als reichlich altbacken einstuften, traf der karrierebewusste Telemann den Geschmack seiner Zuhörer nämlich punktgenau. Geeichte Musikerinnen und Musiker der Alte-Musik-Szene, zu denen Dorothee Oberlinger an vorderster Front rechnet, ist sein geradezu unübersehbares Schaffen stets eine Fundgrube.

Wenn man Claudio Abbado auf dem Höhepunkt seiner Karriere als „Generalmusikdirektor Europas“ betitelte, so hätte im ausgehenden Barock Telemann diese Bezeichnung verdient. 1721 nahm er die Stelle als städtischer Musikdirektor in Hamburg an, die er bis zu seinem Tod am 25. Juni 1767 innehatte. In dieser Funktion war er für die Musik in den Hauptkirchen ebenso zuständig wie als Impresario für das Opernleben, das er auch um viele Werke bereicherte. Das Musikleben und auch die finanziellen und internationalen Vernetzungs-Möglichkeiten in der Stadt der „Pfeffersäcke“ suchten damals Ihresgleichen.

Aber wir reden hier ja weniger von Telemann, sondern von Dorothee Oberlinger. „Im Agieren von Dorothee Oberlinger ist eindrucksvoll eine persönliche Faszination gegenüber Telemann als Impulsgeber und europäisch-weltoffene Persönlichkeit im 18. Jahrhundert zu spüren“, hieß es jüngst bei der Preisverleihung. „Mit spielerischer Leichtigkeit vermittelt Dorothee Oberlinger Telemanns Einfallsreichtum und seine Maßstäbe setzende Kompositionskunst. Weltweit vermag sie das Publikum für Telemanns Kompositionen zu begeistern durch ihre stets energiegeladenen und dabei einfühlsamen Interpretationen mit Sensibilität fürs Detail, ,singender‘ Tongebung, mitreißend virtuosem Spiel, Witz und außergewöhnlicher Musikalität“, heißt es in der Begründung des Kuratoriums zur Vergabe des Telemann-Preises. .Dorothee Oberlinger habe wesentlich dazu beigetragen, „insbesondere den Werken Telemanns für Blockflöte einen neuen Stellenwert im Musikleben zu verschaffen“. Zur großen Resonanz des international begangenen Telemannjahres 2017 habe sie als Botschafterin des Telemannstädte-Netzwerkes und mit zahlreichen Konzerten sowie mit einer Fülle von Interviews wesentlich beigetragen.

Dorothee Oberlinger wurde in Aachen geboren. Nach ihrem Studium der Blockflöte, Schulmusik und Germanistik in Köln, Amsterdam und Mailand debütierte sie im Anschluss an den Gewinn des internationalen Wettbewerbs „Society of Recorder players / Moeck Competition“ 1997 in London in der Wigmore Hall. Als Solistin ist sie mit renommierten Ensembles der Gegenwart zu erleben, insbesondere mit dem 2002 von ihr gegründeten „Ensemble 1700“. Ihr erfolgreiches Debüt als Dirigentin gab sie Anfang 2011 in Salzburg.

Sie arbeitet mit führenden Interpretinnen und Interpreten der Alten Musik zusammen, zeigt sich aber auch experimentierfreudig im Umgang mit neuer Musik und steuert gelegentlich auch den Blockflötensound zu Werken aus der Pop-Musik bei. Die internationale Fachkritik hat Dorothee Oberlingers Vielseitigkeit wiederholt mit höchsten Auszeichnungen bewertet, darunter mehrfach mit dem ECHO Klassik (2008, 2013, 2015) und mit dem französischen Musikpreis Diapason d’Or (2012). Erst vor wenigen Tagen wurde sie mit dem OPUS Klassik 2020 als „Instrumentalistin des Jahres“ geehrt.

Seit 2004 ist Dorothee Oberlinger Professorin an der Universität Mozarteum Salzburg, wo sie von 2008 bis 2018 das Institut für Alte Musik leitete. Intendantin der traditionsreichen Arolser Barockfestspiele ist Oberlinger seit 2009. Seit 2018 ist sie Künstlerische Leiterin der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Sogar als Dirigentin von Barockopern ist sie schon in Erscheinung getreten.

Dorothee Oberlingers jüngste CDs: In „Discovery of Passion“ geht es nicht um Telemann, sondern um den Frühbarock. Seit wenigen Wochen auf dem Markt ist die von ihr geleitete Einspielung der Oper „Polifemo“ von Giovanni Battista Bononcini – deutsche harmonia mundi – www.dorotheeoberlinger.de
Bild: Johannes Ritter Pialletten
Zur CD-Kritik Gespielte echte Leidenschaften

 

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