asdf
 

Die Sinne mit Andacht auf die Welt gerichtet

TODESFALL / GOTTFRIED BACHL

27/05/20 Ein welt-fremder Gelehrter war Gottfried Bachl nie. Mögen auch scheinbar welt-ferne Themen wie Trinitätslehre oder Pneumatologie (hat nichts mit Lunge und Corona zu tun, sondern mit dem Heiligen Geist) zu seinem Fach gehören: Gottfried Bachl hat noch die abseitigsten Teilgebiete der Dogmatik mitten ins Leben geholt. Der Priester, Wissenschaftler und Dichter ist am 23. Mai im 89. Lebensjahr gestorben.

Von Heidemarie Klabacher

Eschatologie? Himmel und Hölle? Lehre von den Letzten Dingen? Das Letzte vom Letzten an Aktualität für uns Heutige? Nicht richtig. Steif-leinene Konzepte wie Präsentische Eschatologie erblühten unter Gottfried Bachl Feder zu literarischen oft poetischen Texten, die ganz ohne Getue vermitteln, dass das Leben tatsächlich schon hienieden lebbar sein kann.

Löst eure Saugnäpfe vom Firmament.
Ihr habt den Text der Erde nicht gelesen.
Buchstabiert noch ein wenig.
Hier unten
.

Eleganter kann Jenseits-Sehnsucht nicht in die Schranken gewiesen werden. Das Zitat ist aus den vierzehn strophen gott, die 2011 in der Literaturzeitschrift SALZ erschienen sind, dem Begleitheft zu den damaligen Rauriser Literaturtagen. Da führten der 1932 in Linz geborene katholische Theologe, Dogmatiker und Schriftsteller Gottfried Bachl und der 1932 in Czernowitz geborene jüdische Schriftsteller Aharon Appelfeld mit Brita Steinwendter ein Gespräch über Kindheit. Apropos Jude: In Heinrich Heines Eiapopeia vom Himmel hat Gottfried Bachl nie eingestimmt. Bachls Ironie mag subtiler sein, als die Heines. Querständig bis unbequem im Denken waren Dichter wie Dogmatiker

In gar keiner Weise,
vor niemand und niemals buckeln.
Jederzeit sich gerade aufrichten
in allen Zuständen.
Nicht mitzujammern,
nicht zum Winseln sind wir da.
die Sinne seien mit aller Andacht
auf die Welt gerichtet.
In die fatale Predigt von der Nichtigkeit der Dinge
stimmen wir nicht ein
.

Wir wollen auf Erden glücklich sein... Musste der Gelehrte erst sterben, bevor einer Schülerin eine Art Geistesverwandtschaft mit dem Dichter auffällt? Wie heißt es in Heines Deutschland. Ein Wintermärchen, der großen Liebeserklärung des Vertriebenen an die Heimat: Es wächst hienieden Brot genug / Für alle Menschenkinder / Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust / Und Zuckererbsen nicht minder. Heine wie Bachl mussten zu Lebzeiten den Himmel den Engeln und den Spatzen überlassen. Waren sie den Be-Flügelten vielleicht gar ein klein wenig neidig? „Eines Tages versammelten sich alle Geschöpfe, die es irgendwo gibt. Sie veranstalteten ein großes Palaver. Wir reden jetzt über Gott, riefen alle auf einmal. Und sie wollten anfangen, gerieten aber gleich ins Stocken“, heißt es in Bachls Der beneidete Engel, erschienen 1987 und 2001 wieder aufgelegt bei Tyrolia.

Doktor Gottfried Bachl. Geboren 1932. Studium der Philosophie und Theologie an der Gregoriana in Rom. 1959 Priesterweihe. Lehrbeauftragter und Professor für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Hochschule in Linz. Von 1983 bis 1998 Ordinarius für Dogmatische Theologie an der Universität Salzburg. 15 Buchveröffentlichungen, 99 Beiträge in Sammelbänden, Zeitschriften und Zeitungen listet die Paris Lodron Universität unter seinem Curriculum Vitae. Aufgezählt von 1987 bis 1994 sind auch die legendären Predigten Bachls in den monatlichen Gottesdiensten des Katholischen Akademikerverbands.

Was ist die stärkste
Zündung für deine Gottesvermutung?

Du weißt es nicht zu nennen.
Aber ohne Unterbrechung
brennt die Gewissheit in dir,
dass in diesen Zündungen
die göttliche Macht zu dir spricht,
die sich nicht scheut,
in ihrem Vokabular
das Glück und die Katastrophe zu mischen.

Bild: Universität Salzburg

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014