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Menschenbeobachter aus Leidenschaft

IM PORTRÄT / HARALD FRIEDL

12/02/20 „Schuld war der Opa: Der hat das Brot immer so schön vor der Brust aufgeschnitten.“ Manche Rituale merkt man sich sein Lebtag lang. Später, in Kalifornien, habe ihm das gute Brot gefehlt, so wie er es aus seiner oberösterreichischen und dann Salzburger Heimat kannte. Ein Grund für Harald Friedl, jetzt einen Dokumentarfilm zu drehen, mit dem lapidaren Titel Brot.

Von Reinhard Kriechbaum

Harald Friedl ist als Künstler das, was man einen Multi nennt – oder einen bunten Hund: Filmemacher, Schriftsteller, Musiker. Aufgewachsen ist er in Steyr, wie so viele Oberösterreicher kam er zum Studium (Germanistik und Anglistik) nach Salzburg. Den Zivildienst hat er bei der Lebenshilfe im Heim Wals hinter sich gebracht, später folgte er einer Einladung als Gastlektor an die University of Kingston upon Hull (Yorkshire, England). Dann wieder zurück nach Österreich. Ab 1987 war er in der Sozial- und Kulturforschung am Institut für Alltagskultur tätig.

Sein Einsatz für die Literatur und eine feste Heimstatt für diese machte ihn damals fürs Salzburger Kulturleben wichtig: Friedl war der erste Leiter des Mitte Oktober 1991 eröffneten Literaturhauses im Eizenbergerhof. Eine solche Einrichtung war damals noch sehr außergewöhnlich, das Literaturhaus Salzburg war erst das fünfte im deutschen Sprachraum.

Seit 1994 ist Harald Friedl freischaffender Filmemacher, Schriftsteller und Musiker. Ab 2000 nahm er Lehraufträge an mehreren US-Universitäten wahr, 2012 bis 2014 war er Gastprofessor an der California State University in Long Beach, Kalifornien. Dort also ist ihm das Brot abgegangen, dem er zuletzt einen Dokumentarfilm gewidmet hat. Seine filmischen Recherchen sind auch in das Buch Der Bäcker und sein Brot von Volker Schmidt-Sköries, eben mit Friedl als Koautor, eingegangen. Der Untertitel dieses bei Droemer erschienenen Buchs Wie beseeltes Arbeiten und nachhaltiges Wirtschaften gelingen erinnert an einen Dokumentarfilm Friedls mit herzzerreißenden Menschenbildern: In Aus der Zeit (2006) kamen Wirtschaftstreibende zu Wort, die von der modernen Wirtschaftswelt überrollt wurden. Die Letzten ihrer Gattung – ein Drogist, ein Fleischer-Ehepaar, ein Betreiber eines Lederfachgeschäfts) erzählten mit Trauer, Melancholie, aber auch Stolz von ihrer in der Wegwerf- und Supermarkt-Gesellschaft wenig geschätzten Arbeit. Im aktuellen Film Brot kommen hingegen einige Menschen aus der Bäcker-Branche zu Wort, die den Zug der Zeit wohl erkannt haben und nun nicht nur Erfüllung in der Arbeit, sondern auch wirtschaftlichen Erfolg verbuchen können.

Harald Friedl ist Menschenbeobachter aus Leidenschaft, und es ist kein Wunder, dass er seit 2004 Vorstandsmitglied von „dok.at – Interessengemeinschaft österreichischer Dokumentarfilm“ ist und dieser seit 2015 als Obmann vorsteht.

Ein paar Streiflichter nur auf den künstlerischen Multi Harald Friedl, der jetzt in Wien und Mitterretzbach (NÖ) lebt und arbeitet: Seine literarischen und musikalischen Ambitionen konnte er als Librettist gut unter einen Hut bringen, für die Jazzoper Hochgeschätztes Tiefparterre (Musik von Gerald Schuller, Aufführungen seit 2017) und das „Agnostische Weihnachtsoratorium“ Engel sind wir selber von Michael Radanovics (geschrieben für das Sping String Quartett 2011).

Und schließlich Harald Friedl als Sänger und Gitarrist der Gruppe Blaumarot, die Indie-Pop mit einem Touch von Blues und Jazz hören lässt: „Lyrisches wird von Minimal Music gebrochen, uralten Melodien folgen impulsive Rock-Songs“, so Friedl auf seiner Website. „Die Texte erzählen ehrliche Geschichten von Körper und Geist, Liebe und Natur.“

In solche „chansonesken Songs“ fließt auch ein, wovon Friedl in seinem international sehr positiv wahrgenommenen Dokumentarfilm What Happiness Is erzählte: Da war dieser immer neugierige Filmemacher mit dem weiten Horizont unterwegs im Himalaya-Königreich Bhutan, wo man danach trachtet, sich zwar ein wenig zu öffnen, aber nicht dem westlichen Materialismus zu erliegen. Als Gradmesser der Entwicklung gilt „Gross National Happiness“, das Bruttonationalglück. Es gibt in Bhutan ein Ministerium für Glück, und dessen Beamte erkunden das Wohlbefinden im Land. Damals, 2012, war es hoch und hat das cineastische Publikum in Europa begeistert...

www.haraldfriedl.com
Buchtipp: Der Bäcker und sein Brot. Wie beseeltes Arbeiten und nachhaltiges Wirtschaften gelingen. Von Volker Schmidt-Sköries mit Harald Friedl, Droemer, München 2019 – www.droemer-knaur.de
Bilder: dpk-klaba
Zur Filmbesprechung Nicht ganz vom Brot allein - aber fast

 

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