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Der Tenor für Bach, für Mozart und fürs Lied

TODESFALL / PETER SCHREIER

27/12/19 Sein letzter Festspiel-Auftritt ist über zwei Jahrzehnte her: Da hat Peter Schreier Mozarts c-Moll-Messe in der Stiftskirche St. Peter dirigiert. Im selben Jahr, 1998, gab er hier auch seinen Abschieds-Liederabend, unter anderem mit Schumanns Dichterliebe, begleitet von Andras Schiff. Peter Schreier ist am 25. Dezember in Dresden im Alter von 84 Jahren verstorben.

Von Reinhard Kriechbaum

Legendär die Anekdote, wie Peter Schreier zum ersten Mal in seinem Leben ein wirklich hohes Honorar einstreifte: 1972 wurde er von Karajan zu Tristan und Isolde eingeladen, er war für die Rolle des Steuermanns ausersehen. So viel Erfahrungmit West-Gagen hatte der Sänger aus der DDR damals noch nicht. Er saß also zur Gagenverhandlung einem Assistenten Karajans gegenüber, der kurz ans Telefon geholt wurde. „Da fällt mein Blick, wirklich unabsichtlich, auf seinen Schreibtisch. Liegt da doch der Vertrag vom Ridderbusch und ich sehe, was der für eine Gage bekommt. Da bin ich blass geworden. Und wusste, was ich zu tun hatte.“ So hat Schreier das erzählt. Bei den Osterfestspielen hat Schreier zuletzt 1997 den Evangelisten und die Tenor-Arien in der Matthäuspassion gesungen.

1968 hat Peter Schreier bei den Salzburger Festspielen debütiert, als Tamino in der Zauberflöte. In dieser Rolle verabschiedete er sich auch 1984 von der Festspiel-Opernbühne (im Bild das DVD-Cover der legendären Ponnelle-Inszenierung unter James Levine). Nach dem Tod von Fritz Wunderlich galt Schreier in den 1970er und 1980er Jahren als der deutsche Tenor schlechthin. Weitere Mozart-Rollen, die er bei den Festspielen über die Jahre gesungen hat: den Ferrando in Cosi fan tutte, den Idamante in Idomeneo (beide unter Karl Böhm), den Belmonte in der Entführung, den Don Ottavio in Don Giovanni. Nur ein Mal, für Carl Orffs De temporum fine comoedia hat Peter Schreier bei den Festspielen das Mozart-Terrain verlassen.

Unvergessen sind legendäre Liederabende von den Liebeslieder-Walzern von Brahms im Quartett mit Edith Mathis, Brigitte Fassbaender und Walter Berry (1974) bis zu einer Schönen Müllerin zur Gitarre mit Konrad Ragossnig (1978). Wilhelm Killmayers Hölderlin-Lieder brachte er mit dem RSO Wien zur Uraufführung.

Von Anfang an – ab 1976 – war Peter Schreier logischerweisebei der Schubertiade dabei, wo er aber nicht nur Liederabende gab: So sang er den Florestan in Nikolaus Harnoncourts erster (konzertanter) Aufführung von Beethovens Fidelio (1986). Unter dessen Leitung ließ er dort auch Opernarien von Schubert hören. Als Dirigent hat sich Peter Schreier unter anderem auch Singspielen von Schubert gewidmet und Beethovens Klavierkonzerte Nr. 4 und 5 mit András Schiff, seinem langjährigen Klavier-Partner, aufgeführt. Am 8. Dezember 2005 hat Peter Schreier seinen allerletzten Liederabend, der gleichzeitig sein 75. Auftritt bei der Schubertiade war, in Hohenems gegeben.

Peter Schreier kam 1935 in Meißen zur Welt. Seine musikalische Prägung erhielt er, der später zu einem der Maßstäbe setzenden Evangelisten der Bach-Passionen werden sollte, als Mitglied des Dresdner Kreuzchores. Er habe „beim protestantisch geprägten Dresdner Kreuzchor gelernt, dass Musik und Gesang immer tönende Verkündigungen seien“, heißt es in einem Nachruf vom Deutschlandfunk. Der besondere Bezug zum Text habe ihn auch zum Liedsänger präsestiniert. „Bei den Kantaten und Passionen von Bach spürte man an Peter Schreiers Stimme, dass er zu seinen Wurzeln und zu den Traditionen seiner musikalischen Ausbildung zurückkehrte“, so der Musikkritiker Uwe Friedrich.

Die Dresdner Bach-Tradition blieb für Peter Schreier wichtig. Schreier genoss in DDR-Zeiten Reisefreiheit, ohne der SED anzugehören. Er war ein kulturelles Markenzeichen und Aushängeschild der DDR. Sein Operndebüt gab Schreier 1959 an der Staatsoper Dresden als Erster Gefangener im Fidelio. 1966 debütierte Schreier als Junger Seemann in Tristan und Isolde bei den Bayreuther Festspielen. Seine Weltkarriere war freilich vom Liedgesang und, auf der Bühne, vom Mozart-Fach bestimmt. Das Fach Dirigieren hatte Peter Schreier schon in seiner Dresdner Studienzeit belegt, ab Mitte der 1980er Jahre wurde das quasi zum zweiten Standbein.

Bilder: Decca (1), Arthouse (1)

 

 

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