Von Martinigänsen und dem bösen Wolf
IM PORTRÄT / MICHAEL GREGER
06/11/19 Seit wann isst man rund um den 11. November Martinigänse, und was hat der heilige Martin mit den Laternen zu tun, die für die Umzüge in jedem Kindergarten gebastelt werden? Das sind volkskundliche Fragen, die man dieser Tage stellen könnte. Michael Greger hat vermutlich Antworten darauf. Vielleicht weiß er auch ein Rezept gegen den Wolf.
Von Reinhard Kriechbaum
Seit gut einem halben Jahr ist Michael J. Greger Leiter des Salzburger Landesinstituts für Volkskunde. Der Experte steht jetzt auch einmal im Monat telefonisch für Anfragen rund um das Thema Brauch und Fest zur Verfügung. „Die Idee hinter dieser Brauch-Sprechstunde ist, unsere Einrichtung in der Öffentlichkeit bekannter zu machen als Serviceeinrichtung und Stelle, an die sich Salzburgerinnen und Salzburger wenden können, um eine verständliche Antwort auf wissenschaftlich fundierter Basis zu erhalten“, erklärt der gebürtige Steirer.
Greger über die ersten Monate, da er als Nachfolger von Ulrike Kammerhofer-Aggermann das Salzburger Landesinstituts für Volkskunde leitet: Er sei „überall ganz gut hineingekommen und sehr zufrieden, wenngleich es schon etwas ganz Anderes ist, wenn man an der Spitze steht und sich um alles kümmert – von der wissenschaftlichen Arbeit, über die Entwicklung eines Leitbildes bis hin zu jedem Nagel an der Wand.“ Er ist stolz auf sein kleines, aber feines Institut, übrigens die einzige derartige Landesstelle in Österreich, das eng vernetzt ist mit ähnlichen Stellen in Bayern und in der restlichen Bundesrepublik. In Wien, Graz, Klagenfurt und Innsbruck bestehen Universitätsinstitute für Europäische Ethnologie.
Michael J. Greger promovierte mit einer Arbeit zum Thema „Bräuche zwischen Tradition und Innovation“. Im Ennstal hat er, bevor er 2014 nach Salzburg ans Landesinstitut für Volkskunde kam, flächendeckend gelebte Rituale erhoben und genau diesen steten Wandel beschrieben, dem Bräuche unterliegen. Unter dem Titel Brauch und Jahr. Neue und überlieferte Bräuche im Bezirk Liezen erschien diese Arbeit 2008 als Buch. Das Wort „Brauch“ habe sich aus dem althochdeutschen brüh entwickelt hat und die Bedeutung von „genießen“, „nutzen“ bis hin zu „nötig haben“, erklärt Michael Greger. „Doch was ein Brauch letztlich ist, definiert nach einigen, oft wenigen Jahren jeder Brauchforschende für sich selbst.“
Michael J. Greger verfasste in den vergangenen Jahren mehrere Publikationen zu Salzburger Themen, so etwa einen Text über Bräuche in der neuen Mauterndorfer Ortschronik, mehrere „alltagskulturelle“ Beiträge im neuen Salzburger Kulturlexikon 3.0 oder das Bändchen „Traditionelle Hochzeitsbräuche“. In Kürze erscheint sein neues Buch über Salzburgs Immaterielles Kulturerbe.
Ach ja, immer wieder gehen Wölfe um im Land und alle sind dann recht entsetzt. Vielleicht sollte man bei Michael J. Greger nachlesen. Der hat nämlich einen Aufsatz über Wolfbannerei geschrieben, mit dem hübschen Titel „...khein Heitl zerreiß, khein Peindl peiß...“ (in den Steirischen Blättern für Heimatkunde).
Zwei Standbeine seien es, die die Arbeit des Landesinstituts für Volkskunde ausmachen: Eines seien das Archiv und die umfangreichen Nachlässe als Basis für Fachauskünfte in einer großen regionalen Bandbreite. Das zweite Standbein sei die aktuelle Forschung. Diese Schiene will Greger in den nächsten Monaten forcieren: „Wir wollen nicht nur in Akten und Archivalien ‚wühlen´, sondern hinausgehen und einen Schwerpunkt auf die empirische Kulturwissenschaft legen. Wir möchten uns künftig verstärkt mit unseren Mitteln und Methoden verschiedensten Aspekten der Salzburger Alltagskultur widmen.“