Bürde statt Geborgenheit
IM PORTRÄT / MAJA SPASOVA
22/08/18 Nicht wundern, wenn Ihnen morgen Donnerstag (23.8.) in der Stadt eine Dame entgegen humpelt, mit Kette und einem kleinen Hausmodell aus massivem Eisen am Bein. Kein entsprungener Häftling. Maja Spasova ist derzeit Artist in Residence der Stadt Salzburg.
Von Cay Bubendorfer
In der Tradition der Konzeptkunst stellt die schwedisch-bulgarische Künstlerin Fragen nach den Grundbedingungen des Lebens – Liebe und Glück, Zeit und Vergänglichkeit, Tod, Schuld und Versöhnung. Ihr Blick auf die „Welt, wie wir sie kennen“ wirkt zwar poetisch, erweist sich aber als skeptisch bis ironisch – und macht gerade dadurch sichtbar, dass die alltägliche Wirklichkeit unserer Gesellschaft von seltsamen, ja absurden Konventionen geprägt ist.
In der Performance „House and Chain“ geht Maja Spasova einer solchen hochaktuellen Zwiespältigkeit auf den Grund: Das Haus gilt als unser Archetypus für ein Zuhause; es symbolisiert einen sicheren Ort für die Erfüllung der Grundbedürfnisse, für Erinnerungen und Träume. Seine schützende Funktion befreit von existentiellen Ängsten. Seit der Wirtschaftskrise hat sich dies jedoch für viele Menschen ins Gegenteil verkehrt – immer höher steigende Preise, schwer oder nicht rückzahlbare Kredite, die Angst vor dem Verlust lassen Das Haus für viele zur Last werden.
Dieser Bürde verleiht Maja Spasova durch ein 24 x 20 x 22 Zentimeter großes Haus aus Eisen Realität. An einer Stahlkette hängt es mit seinem Gewicht von rund 7 kg während der Performance „House and Chain“ an ihrem Knöchel. Vom Mozartplatz durch die Gassen der Innenstadt, über eine der Brücken in die rechte Altstadt und im Bogen zurück an den Ausgangspunkt, schleppt die Künstlerin das Objekt House-and-Chain als Symbol der Unfreiheit – wie Gefangene und Sklaven ihre Kugeln an der Kette – mit sich. Das Publikum lädt Maja Spasova auf diesem Weg zur Teilnahme ein – in welcher Form auch immer.
„House-and-Chain“ könne genauso aber als Metapher für unsere Existenzbedingung gesehen werden – „als Inneres Haus unserer Gedanken, Ideen und Überzeugungen, die wir alle ein Leben lang mit uns tragen“, meint Maja Spasova: „Often this inner house prevents us not only from flying, it makes even running impossible.“
Ausdrücklich will sie mit ihrer Kunst Menschen außerhalb des professionellen Kunstsystems erreichen. Daher auch der öffentliche Raum, städtische (Lebens-)Umgebungen als bevorzugter Ort, um Betrachter an ihren künstlerischen Interventionen teilhaben zu lassen.
Maja Spasova kam in Bulgarien zur Welt, studierte an der Kunstakademie Sofia und an der Königlichen Kunstuniversität Stockholm. Seit Mitte der 1980er Jahre lebt sie in Stockholm, Paris, London und Berlin. Im Rahmen des AIR programme der Stadt Salzburg ist Maja Spasova seit Anfang August bis 12. September im Stadt-Atelier im Künstlerhaus zu Gast. Hier arbeitet sie an ihrem Langzeit-Filmprojekt „1001 Moments of Eternity“, zeichnet und schreibt für ihr nächstes Künstlerbuch mit dem Arbeitstitel „Ode to the Hands“ und geht mit ihrer Performance „House and Chain“ in den öffentlichen Stadtraum.