Vom Klang des Regenbogens
IM PORTRÄT / MATTHIAS LEBOUCHER
10/07/17 Ein Regenbogen kommt heraus, wenn man das Licht zerlegt in seine Spektral-Farben. Schillernde Klänge kommen heraus, wenn man den Ton zerlegt in seine Obertöne und mit diesem Klangmaterial weiter komponiert - wie etwa Gerard Grisey, Tristan Murail oder Georg Friedrich Haas. Ein junger „Spektralist“ - Matthias Leboucher – erhielt das Jahresstipendiums Musik 2017 des Landes Salzburg.
Von Heidemarie Klabacher
Geboren und ausgebildet wurde Matthias Leboucher in Frankreich. An der Pôle Supérieur Paris-Boulogne-Billancourt machte er 2011 seinen Bachelor im Hauptfach Klavier. Es folgten Studien mit Françoise Thinat, Paul Badura-Skoda oder Alexandre Tharaud. Weiters studierte er, ebenfalls noch in Frankreich, Tonsatz, Analyse und Orchestration bei Alain Louvier. 2013 folgten der Abschluss seines Kompositionsstudiums – und die Übersiedelung nach Salzburg.
Seit 2013 studiert Matthias Leboucher in den Kompositionsklassen von Tristan Murail und Achim Bornhöft an der Universität Mozarteum. Gleich im zweiten Salzburgjahr gründete er mit seinem Kollegen Josef Ramsauer und acht weiteren Musikerinnen und Musikern am Mozarteum das „New Art and Music Ensemble Salzburg“. Trotz seiner „relativ jungen Geschichte“ blickt das Ensemble 2017 bereits auf eine umfangreiche Konzerttätigkeit zurück, „die von Projekten im deutschsprachigen Raum bis hin zu Residencies auf internationalen Festivals in Italien, Litauen oder Korea reicht“. Als Pianist spielt Matthias Leboucher in Salzburg regelmäßig etwa mit dem Jazz-Violinisten Florian Willleitner, zudem leitet er weitere Combos wie „Good question“ oder „Royal Pump“.
Nun also eine erste echt Salzburgische Auszeichnung für den Pianisten und Komponisten: Matthias Leboucher erhielt das Jahresstipendiums Musik 2017 des Landes Salzburg. „Matthias Leboucher sieht sich selber in der Tradition der Spektralmusik, einer in Paris entstandenen, sehr klangsinnlichen Musiktradition, beheimatet. Deshalb wechselte er auch an die Universität Mozarteum Salzburg, um bei Tristan Murail zu studieren, dem er einen maßgeblichen Einfluss bescheinigt. Über Tradition und Einfluss hinaus lässt sich jedoch schon jetzt eine sehr individuelle Handschrift durch interessante Instrumentation, analytisch ausgeprägte Form und farbige Klanglichkeit feststellen. Lebouchers Werke lassen sich dabei aber oft nicht auf eine rein musikalische Ebene reduzieren, sondern fügen auch – etwa durch die Integration von Live-Electronics – zusätzliche Aspekte hinzu.“ So die Jurymitglieder Sabine Reiter (Geschäftsführende Direktorin, mica – music austria, Wien), Heidemarie Klabacher (Chefredakteurin DrehPunktKultur, Salzburg) und Harald Schamberger (Geschäftsführer oenm – Österreichisches Ensemble für Neue Musik, Salzburg) in ihrer Begründung.
Mit dem mit zehntausend Euro dotierten Jahresstipendium will Leboucher ein Quintett komponieren und eine interaktive Verbindung zwischen Instrumenten und Computer entwickeln: Den fünf Instrumentalisten wird je ein elektronischer ‚Ghost‘ zur Seite gestellt, der in Echtzeit auf den live gespielten Klang reagieren soll. „Die Entwicklung künstlicher Intelligenz ist zwar noch immer Zukunftsmusik, schreitet aber mit riesigen Schritten voran. Die Komposition wird somit auch die gesellschaftspolitische Frage aufwerfen, inwieweit ein Computer als eigenständiger Musiker fungieren kann.“ Leboucher kenne als Pianist und Mitbegründer des Salzburger Ensembles NAMES nicht nur den theoretischen, sondern auch den praktischen Zugang zur Musik. Neben dem Quintett will Leboucher mit Hilfe der Jahresförderung auch eine Musik und Video-Miniatur für NAMES, ein Trio für das Ensemble Artis und ein Klavierstück mit „transportablem Live-Elektronik-System“ realisieren.
Das Jahresstipendium Musik sei, „wie alle anderen Stipendien des Landes Salzburg“, so Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn, „ein beidseitiger Gewinn“: „Die Künstlerinnen und Künstler können ihre künstlerischen Projekte realisieren. Dafür bekommt das Kulturland Salzburg erstklassige Kompositionen, die viele Generationen überdauern.“ Musik-Stipendiaten bisher waren Agustin Castilla-Àvila 2013, Marco Döttlinger 2014, Reinhold Schinwald 2015 und Kilian Ofenböck alias Chili Tomasson im Vorjahr.
Bild: www.matthiasleboucher.com / Christelle Bolmio