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Die Jukebox, ein Musik-Sklave

IM PORTRÄT / OSCAR STRASNOY

08/06/17 Für die Geigerin Isabelle Faust, die am Freitag (9.6.) und am Sonntag (11.6.) Solistin im letzten Konzert im Salzburger Camerata-Zyklus dieser Saison ist, hat der argentinische Komponist Oscar Strasnoy ein Violinkonzert mit dem Titel „Automaton“ geschrieben.

Von Reinhard Kriechbaum

Es ist ein brandneues Stück, „Automaton“ wurde heuer im April in der neuen Elbphilharmonie Hamburg uraufgeführ, das Violinkonzert entstand im Auftrag vom Ensemble Resonanz und der Camerata sowie mit einer Förderung der Ernst von Siemens Musikstiftung. Mit der deutschen Geigerin Isabelle Faust verbindet Oscar Strasnoy, der vor allem als Musikdramatiker internationales Ansehen genießt, eine langjährige Künstlerfreundschaft. „Oscar hat mir während seiner Arbeitsphasen an diesem Stück immer wieder Ausschnitte geschickt“, sagte Isabelle Faust in einem Interview. „Wenn der Komponist kein Geiger ist, wird öfters auch mal nach der Spielbarkeit von gewissen Passagen oder Techniken gefragt.“

Was versteckt sich hinter dem Werktitel „Automaton“? Die Sklaverei und habe ihn beschäftigt, und wie sich die kulturellen Migrationsbewegungen auf die Musik ausgewirkt hätten, erklärt der Komponist. Von Feldaufnahmen, die er ursprünglich einbringen wollte in die Komposition, sei er aber abgekommen und schließlich „bei Jukeboxes, Musikautomaten gelandet, den ersten, echten musikalischen Sklaven“. So kam der Blues also quasi indirekt in das Violinkonzert.

Man könnte den 1970 geborenen Oscar Strasnoy einen Weltbürger nennen: Der Argentinier hat russische Vorfahren, einen französischen Pass und lebt in Berlin. Sein Studium in den Fächern Klavier, Dirigieren und Komposition begann er am Conservatorio Nacional in Buenos Aires und setzte es am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris und an der Musikhochschule fort. Zu seinen Kompositionslehrern zählten Gérard Grisey und Hans Zender.

Das erste Mal auf sich aufmerksam machte Oscar Strasnoy mit seiner beim Festival von Spoleto und in Rom aufgeführten Oper „Midea“, für die er auf Veranlassung des italienischen Komponisten Luciano Berio den Orpheus-Preis erhielt. Der ungarische Dirigent und Komponist Peter Eötvös lud Strasnoy als „Composer in Residence“ an das Herrenhaus Edenkoben. Dort entstand die Kantate „Hochzeitsvorbereitungen“ nach Franz Kafka. Strasnoys nächstes Bühnenwerk, „Opérette“ nach Witold Gombrowicz, wurde im Grand Théâtre de Reims uraufgeführt und mit dem George-Enescu-Preis ausgezeichnet. Ein Stipendium des Französischen Außenministeriums ermöglichte dem jungen Komponisten einen Schaffensaufenthalt in der Villa Kujoyama im japanischen Kyoto, wo er die Operette „Geschichte“ für sechs Sänger à cappella und Tonband komponierte. Das Werk wurde im Theaterhaus Stuttgart, an der Opéra de Lille, am Teatro Colón in Buenos Aires und am Theater Lublin, am Théâtre du Châtelet in Paris, im Berliner Konzerthaus und am Teatro del Canal in Madrid aufgeführt. Seine Oper „Le Bal“ erlebte ihre Uraufführung unter der Leitung von Simone Young an der Hamburgischen Staatsoper. Strasnoys Kammeropern „Un retour“ und „Cachafaz“ kamen beim Festival d’Aix-en-Provence bzw. an der Pariser Opéra Comique auf die Bühne. Die Oper „Slutchai“ („Fälle“) wurde in Bordeaux und in der deutschen Fassung am Opernhaus Zürich aufgeführt. Die Oper „Requiem“ nach William Faulkner wurde am Teatro Colón in Buenos Aires uraufgeführt. Die Staatsoper Berlin zeigte die Kammeroper „Comeback“ nach einem Libretto von Christoph Hein. Ein vielbeschäftigter Musikdramatiker also.

Antonello Manacorda ist der Dirigent der bevorstehenden beiden Konzerte, Isabelle Faust spielt außerdem die Phantasie für Violine und Orchester a-Moll/C-Dur op. 131. Umrahmt werden die konzertanten Stücke von Strawinskys Concerto in Es für Kammerorchester „Dumbarton Oaks“ und Mendelssohns „Schottischer“ Symphonie. (Camerata/dpk)

Konzerte am Freitag (9.6.) um 19.30 Uhr und am Sonntag (11.6.) um 11 Uhr im Großen Saal des Mozarteums – www.camerata.at
Bild: Wikipedia / Susanne Bürner

 

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