Wo man nach zehn Jahren hält
ARGEkultur / HAUS-JUBILÄUM
30/09/15 Auch wenn man sich noch an manchen Abend im Gastgarten drüben, auf der anderen Seite des Sportplatzes erinnert: Es ist tatsächlich zehn Jahre her, dass die ARGEkultur ihr neues Haus an der Ulrike-Gschwandtner-Straße in Betrieb genommen hat.
Von Reinhard Kriechbaum
Die gelben Streifen, die ein wenig an Absperrbänder an einer Unfall- oder Baustelle erinnern, sind übrigens auch damals erfunden worden. Der jetzige künstlerische Leiter Markus Grüner-Musil hat sie eingeführt. Er war damals noch für die PR der ARGEkultur zuständig.
„Es hat eine Zeit gedauert, bis wir unsere Rolle gefunden haben“, erinnert er sich. „Unser Ziel war es einerseits Strategie und inhaltliche Konzeption des Programms eigenständig zu entwickeln, andererseits in der Wahl der kulturellen Sparten und der konkreten Projekte sehr eng mit regionalen Künstlerinnen und Künstlern und Institutionen zusammen zu arbeiten.“ Die ARGEkultur steht eben nicht nur als Veranstalterin, sondern auch als Produktionshaus „an der Schnittstelle zwischen institutionalisierter und freier Kultur“, wie es Markus Grüner-Musil formuliert: Das wurde also zur Linie und zum Alleinstellungsmerkmal.
Diese Offenheit für neue Projekte und neue Projektpartner zeichne die ARGEkultur heute aus. „Wir können unsere Identität aus einer formalen Bandbreite von Tanz, Theater, Musik, Medienkunst und Medienkultur, Kabarett, diskursiven Schwerpunkten und Kulturvermittlungsprojekten formulieren.“ Die Bandbreite reicht von Projekten mit einem stark experimentellen Profil, wie dem Taschenopernfestival oder den stART-Produktionen im Bereich des „neuen Musiktheaters“, bis ihn zu satirischen Programmen und politischem Kabarett als Unterhaltung mit Niveau.
Ein solches Mehrspartenkonzept „von der experimentellen Labor-Situation bis zur Unterhaltung“ sei einzigartig in Salzburg, hebt Grüner-Musil hervor. Er weist auf die Workshops für elektronische Musik hin, auf die bevorstehende Literaturmesse „Kritische Literaturtage“, und er verweist auf die große Bedeutung, die der Tanz gewonnen hat.
Tanz und Theater machen unterdessen ein Drittel der ARGEkultur-Veranstaltungen aus. „Wir wären ohne die freie Szene nicht dort, wo wir sind.“ Andrerseits hätten die Freien nicht solche Optionen ohne die von der ARGEkultur bereit gestellten Möglichkeiten in produktionstechnischer und finanzieller Hinsicht. Grüner-Musil verweist auch auf die gesellschaftspolitische Relevanz mancher Produktionen. „Schon 2010 hatten wir ein Tanztheaterprojekt mit jugendlichen Flüchtlingen“. Ein Bildmotiv zum Thema Flucht (aus Lampedusa) etwa war Ausgangsmotiv fürs Taschenopern-Festival vor zwei Jahren.
Manche Veranstaltungsreihen haben sich in den letzten zehn Jahren komplett neu entwickelt: So wurden beispielsweise 2007 die Musikreihe „Roter Salon“, 2009 der „ARGE Poetry Slam“, 2010 das „Open Mind Festival“ und 2011 das Präsentationsformat „Pecha Kucha Night“ konzipiert und in das regelmäßige Programm der ARGEkultur übernommen. Andere Formate wie der „Tubeklub“, „Comedy im Pub“ oder der „Subclub“ haben in der ARGEkultur ihre Heimstätte gefunden.
„Wir haben uns auch von manchem verabschiedet, etwa vom Jazz“, sagt Markus Grüner-Musil. Es sei „wichtig, sich auch gegen etwas zu entscheiden und sich am Umfeld zu orientieren“. Im Fall Jazz, der in der alten ARGE noch hohen Stellenwert hatte, habe eben das Jazzit die Agenden übernommen. Inhaltliche Konzepte dürften nicht auf Biegen und brechen durchgezogen werden.
Während also Jazz und Weltmusik fast keine Rolle mehr spielen, hat man in der ARGEkultur den Fokus auf Musikerinnen und Musiker aus Österreich gelegt und damit auch der beeindruckenden Entwicklung der österreichischen Musikszene frühzeitig Rechnung getragen. Gruppen wie Ja! Panik, Garish, Gustav, Attwenger, Ernst Molden, Der Nino aus Wien oder Kreisky treten regelmäßig in der ARGEkultur auf. Die Reihe „Roter Salon“ ist ein Ort von einschlägigen Entdeckungen.
Die Perspektive auf die nächsten zehn Jahre? Markus Grüner-Musil, dessen Vertrag als künstlerischer Leiter vorerst bis Frühjahr 2018 läuft, hofft, dass die programmatische Vielfald des Hauses dann anders gewichtet und geschichtet sei. Veränderung sei wichtig. Er werde in zehn Jahren wohl nicht mehr der Ansprechpartner sein, es sei „wichtig, dass künstlerische Leitungsverträge zeitlich befristet sind“.