Der Hunger auf Kunst und Kultur ist oft größer als die Brieftasche
DOKUMENTATION / „TICKETSTEUER“
24/02/15 Nicht anders zu erwarten: Gegen die im Zuge der Steuerreform angedachte Erhöhung der Umsatzsteuer von zehn auf zwanzig Prozent für Eintrittskarten herrscht breite Ablehnung. Was als steuerpolitischer Schritt gedacht sei, ist „im Grunde eine kulturpolitische Maßnahme“, heißt es in einer Aussendung des Dachverbands Salzburger Kulturstätten.
Die Verdoppelung des Umsatzsteuersatzes stößt allen sauer auf, den Kulturveranstaltern, Künstlerinnen und Künstlern, und auch Kulturpolitikern. Der Dachverband Salzburger Kulturstätten (er vertritt 74 Kulturinstitutionen in Stadt und Land Salzburg mit insgesamt rund einer Million Besuchern jährlich) hat Meinungen eingeholt. In der Kulturpolitik wie bei Veranstalter zeige sich „ein höchst einheitliches Bild der Ablehnung“, heißt es in einer Aussendung von heute Dienstag (24.2.).
Heinrich Schellhorn (Grüne), Kulturreferent des Landes Salzburg
Eine Erhöhung der Umsatzsteuer auf Kulturtickets ist eine ganz schlechte Idee. Es sollen doch mehr Menschen Zugang zu Kunst und Kultur bekommen! Hindernisse und Barrieren vor der Kultur sollen möglichst abgebaut und nicht erhöht werden. Eintrittspreise sind nicht die einzige, aber eine relevante Barriere. Der Hunger auf Kunst und Kultur ist oft größer als die Brieftasche. Das belegt auch die Nachfrage nach der gleichnamigen Aktion der Kulturveranstalter.
Künstler, Kulturschaffende, Kulturvermittler und Veranstalter bemühen sich erfolgreich, ihre Einrichtungen zu öffnen, aktiv auf die Menschen zuzugehen und auch bislang nicht erreichte Publikumsschichten zu erreichen. Der Finanzminister darf diese Bemühungen nicht erschweren. Die Kultur sei uns lieb und teuer! Aber bitte nicht teurer!
Heinz Schaden (SPÖ), Bürgermeister & Kulturreferent der Stadt Salzburg
... dass die Erhöhung des begünstigten Mehrwertsteuersatz von zehn Prozent für Theater- und Konzertkarten zu einer Senkung der Auslastungszahlen und damit zu einer Erhöhung des Subventionsbedarfs durch die öffentlichen Hand führen wird.
Carl Philip von Maldeghem, Intendant des Salzburger Landestheater
Unsere Angebote sollen demokratisch und möglichst vielen Menschen zugänglich sein. Eine Erhöhung der Ticketsteuer geht eindeutig zu Lasten des Publikums. Die Steuer würde außerdem dazu führen, dass viele Kulturbetriebe, die ohnehin schon Schwierigkeiten haben, angemessene Gagen zu bezahlen, noch mehr unter Druck geraten würden.
Tomas Friedmann, Leiter & Geschäftsführer des Literaturhauses Salzburg
Viele Kulturstätten und KünstlerInnen kämpfen auch in Salzburg seit Jahren mit Förderungen, die zum Teil nicht mit der Inflationsrate Schritt halten oder gar „eingefroren“ sind, d.h. gleichbleiben, was praktisch eine Kürzung bedeutet, weil Mieten, Honorare, Gehälter etc. steigen. Jede Form zusätzlicher Belastung würde sowohl unser Publikum, die Schriftsteller und Künstler sowie die Veranstalter treffen und wäre ein absolut falsches Signal. Der Bund hat alle österreichischen Literaturinstitutionen seit 2008 nicht mehr erhöht, hier gibt es dringenden Nachholbedarf, um gerade auch österreichische Autor/inn/en stärker fördern und mehr in die Arbeit mit Kindern und Jugendliche investieren zu können. Darum: Ticketsteuererhöhung? Nein, danke.
Daniela Gmachl, Geschäftsführerin der ARGEkultur
Wir sind sehr froh, dass für die Budgetjahre 2015/16 wieder teilweise Valorisierungen der Förderungen gelingen – und dann soll dieser positive Effekt auf der anderen Seite finanziell und strukturell von den geplanten Steuererhöhungen eliminiert werden. Das ist unfair und ineffizient. Uns trifft das doppelt, weil ja nicht nur die BesucherInnen mit den Tickets, sondern auch die KünstlerInnen über die Raumnutzungen von der Steuererhöhung betroffen wären. Denn eines ist klar: Eine 10% ige Erhöhung können wir in der Knappheit unserer Ressourcen budgetintern nicht kompensieren. Angedachte Modelle einer Gegenfinanzierung finde ich aktuell problematisch – denn die Steuererhöhung trifft uns unmittelbar negativ –- und ob wir in irgendeiner Form indirekt von mehr Geld im Kulturbereich profitieren ist fraglich.
Michael Bilic, Leiter des Filmkulturzentrum Das Kino
In Kulturbetrieben, speziell noch einmal im Kinobereich, sind wir angehalten, für alle Bevölkerungsschichten einen angemessenen, akzeptablen Eintrittspreis zu verlangen. Eine 10%ige Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes würde eine unangemessene Erhöhung der Eintrittspreise nach sich ziehen, die einzig und allein dem Staat zugutekommt, die Kulturbesucher finanziell belastet und den Kulturschaffenden überhaupt nichts bringt. Ich sehe eine derartige Erhöhung als eine katastrophale Entwicklung, die es Kultureinrichtungen noch schwerer macht, ihre Bildungsaufgaben zu erfüllen.
Mario Steidl/Michaela Mayer, Kunsthaus Nexus/Jazzfestival Saalfelden
Kultur wird durch diese Maßnahme zunehmend zu einem Luxusgut und das mündet letztlich in eine Abwärtspirale: Immer weniger Besucher führen zu weniger Einnahmen, dadurch zu weniger Veranstaltungen, ganz zu schweigen von weniger Umwegrentabilität. Die Folge wird eine Ausdünnung der österreichischen Kulturlandschaft sein. Eine Katastrophe und Schande für ein »Kulturland«, das man gerne sein möchte und ein Armutszeugnis für diese Regierung.
Wolfgang Descho, Geschäftsführer Rockhouse Salzburg
Österreich präsentiert sich ja gern als Kulturland. Gerade hier darf der Zugang zur Kultur für die eigene Bevölkerung nicht erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden. Dass diese Maßnahme besonders die Jugend und nicht so gut verdienenden treffen würde, macht dieses Ansinnen noch skandalöser. Daher und aus vielen weiteren Gründen auch vom Rockhouse Salzburg: Ein klares Nein zu einer Verdopplung der Ust. auf Eintrittskarten!
Die klare Position des Dachverbands Salzburger Kulturstätten: Man fordert die verantwortlichen Politiker auf, die Umsatzsteuer im Bereich Kunst und Kultur, für Bücher und alle betroffenen Bereiche nicht zu erhöhen. „Der angedachten Form einer gleichzeitigen Kompensation durch Förderausgleichszahlungen steht der Dachverband skeptisch gegenüber, würde dies doch höchstens bloß eine Umschichtung bei gleichzeitig zusätzlichem Verwaltungsaufwand bedeuten“, heißt es in der Presseaussendung. „Wir fordern Reformen, Entlastungen, Subventionserhöhungen und Investitionszuschüsse anstatt neuer Belastungen!“
(Dachverband Salzburger Kulturstätten)