Warnung vor dem Graubereich
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08/10/13 Ist Datenschutz eine Illusion? Welche Möglichkeiten gibt es für mündige Bürgerinnen und Bürger, die Privatsphäre zu schützen? Gibt es überhaupt noch eine Privatsphäre? Solche Fragen stellt die erste subnetWEEK bis 13. Oktober.
Von Heidemarie Klabacher
„Es gibt über fünfzig Gründe, sich selbst zu einzureden, dass man keine Möglichkeit hat, die Europa-Parlamentarier in Brüssel zu erreichen. Tatsächlich ist es durchaus möglich zu kommunizieren - per Telefon und auch per E-Mail.“ So Josef Irnberger von der (Initiative für Netzfreiheit. Der Datenschutzexperte eröffnete die erste subnetWEEK mit einem Workshop und dem ersten subnetTALK.
Lobbying durch Bürgerinnen und Bürger über Online-Tools, geht das? Sich digitale Aufmerksamkeit und Gehör bei der Politik verschaffen, aber wie? Es gäbe durchaus Einflussmöglichkeiten für alle Bürger und Bürgerinnen, „sie müssten nur genützt werden“. Dafür, dass es so wenig private Initiative zu diesem Thema gibt, hat Irnberger eine einfache Erklärung: „Große Unternehmen verstehen es einfach besser, bei den Parlamentariern zu lobbyieren. Gerade deshalb müssten wir als Bürgerinnen und Bürger ein Gegengewicht setzen.“
Dabei sind wir durchaus nicht machtlos: „Die Bürger haben Macht, sie müssen sie aber nützen.“ Irnberger informiert über Services und Websites, „die die Arbeit der Ausschüsse dokumentieren und die hilfreich sind, mit den zuständigen Politikern direkt in Kontakt zu kommen“. Tatsächlich sei das EU-Parlament „die letzte Bastion der Demokratie“: „In den USA sind die Geheimdienste bereits zu weit vorgedrungen, als dass man von einer freien Demokratie sprechen könnte.“
Dennoch seien die Menschen schlecht mobilisierbar, wenn es um Datenschutz, Netzfreiheit und Digitale Bürgerbeteiligung geht: Diese Themen seien abstrakt und nicht ad hoc greifbar. Irnberger vergleicht Datenschutz mit den ersten Aufrufen vor zwanzig dreißig Jahren, die Umwelt zu schützen: „Man erfasst die Notwendigkeit erst, wenn die Konsequenzen sichtbar sind ... und dann ist es meist schon zu spät.“
Die Dinge sind eigentlich bekannt: Aufgestöberte Party- und Sauffotos auf Facebook können Jobchancen und Kreditwürdigkeit sinken und den Selbstbehalt für die Krankenversicherung steigen lassen. „Wenn unsere Daten uns eines Verbrechens verdächtigen, ist die Chance hoch, tatsächlich vor Gericht zu landen.“ Ein Klassiker ist bereits der Identitätsdiebstahl und das Einkaufen mit gestohlenen Kreditkartendaten.
„Wenn wir heute nicht auf unsere Daten aufpassen, wissen wir nicht, was morgen damit für Schindluder getrieben wird“, fasst der Datenschutzexperte Josef Irnberger beim ersten Subnettalk am Montag (7.10.) zusammen.
In Österreich gebe es „zumindest auf dem Papier“ ein „relativ gutes Datenschutzgesetz“, das sich in der Exekution aber leider als „sehr zahnlos“ erweise. Beispiel Vorratsdatenspeicherung: „Dem Gesetzestext nach sind Vorratsdaten sicher. Wie ist es aber wirklich? Eine Anfrage bei der Datenschutzkommission ergibt, dass sie noch keinen einzigen Provider überprüft hat, ob das DSG eingehalten wird“, erzählt Irnberger. Erklärt werde das mit „personellem Kapazitätsmangel!“ Auf die Frage, wie wird geprüft wird, dass die Daten wie vorgeschrieben nach sechs Jahren gelöscht werden, erhalte man die „Antwort“: „Das kann man nicht prüfen.“
Ein tatsächlicher Missbrauch der Vorratsdaten werde, so Irnberger nur dann festgestellt, „wenn sie im Internet auftauchen, obwohl sie eigentlich schon gelöscht sein müssten“: „Der Graubereich ist es also, wovor wir uns eigentlich fürchten müssen.“ Zudem könne die Datenschutzkommission nur mit einem Strafrahmen von maximal 10.000 Euro drohen: „Nicht wirklich beeindruckend für ein Unternehmen, das mit Daten im Jahr Millionenumsätze generiert.“
Was erfreuliches gibt es auch: Marius Schebella, der Obmann von subnet, präsentierte im Rahmen der Eröffnung der ersten subnetWEEK die neue Wandgestaltung im subnetOFFICE in der Ulrike-Gschwandtner-Straße: Maria Morschitzky hat mit Acrylfarbe und Klebemarkern eine bis dahin weiße Wand komplett verwandelt: „Zwischenstadium“ heißt das Werk, das während der laufenden subnetWEEK bis 13. Oktober fertiggestellt wird.„Die Wandgestaltung fordert heraus, ständig die Perspektive zu ändern, den eigenen Blickwinkel zu hinterfragen – hat also einiges zu tun mit unserer Arbeit bei subnet.“ (Wird fortgesetzt)