Nahe Menschen oder ferne Idole?
PÄDAGOGISCHE WERKTAGUNG
11/07/13 Sind Vorbilder das gleiche wie Leitbilder oder Idole? Angela Ittel, Professorin für Pädagogische Psychologie in Berlin, gab bei der 62. Internationalen Pädagogischen Werktagung in der Großen Aula einen Überblick von theoretischen Ansätzen zum Thema Vorbilder und präsentierte Ergebnisse aus einer aktuellen Studie.
Der personengebundene Begriff des Vorbildes ist von den eher abstrakten Begriffen Leitbild und Idol abzugrenzen. Weiters können Vorbilder in Nahvorbild (Person aus dem näheren Kreis), Fernvorbild (zum Beispiel Sportler, Sänger) und abstraktes Vorbild (Werte und Verhaltensweisen) unterschieden werden. So haben Mädchen eher eine Tendenz zu Nahvorbildern, während Buben mehr an Fernvorbildern orientiert sind. Dabei legte Ittel den anwesenden Pädagoginnen und Pädagogen vor allem einen Aspekt ans Herz, der für das Verstehen der Bedeutung von Vorbildern sehr wichtig ist: „Wir müssen uns immer wieder bemühen, dass wir diese Fernvorbilder kennenlernen und up-to-date bleiben.“
Der Neurobiologe und Arzt Joachim Bauer (Freiburg im Breisgau) legte Erkenntnisse aus der Hirnforschung dar, die auch für die Pädagogik relevant sind. Die Pädagogik müsse laut Bauer nicht neu erfunden werden, es können aber gewisse Akzente gesetzt werden. So ist beispielsweise bekannt, dass durch Trennungssituationen oder Einsamkeit Stressgene bei Kindern angeschaltet werden. Andererseits werden durch neue Anregungen und lösbare Aufgaben, Gene im Kind aktiviert, die Nervenwachstumsfaktoren herstellen. „Gene sind Kommunikatoren. Sie reagieren auf Signale aus der Umwelt. Das bedeutet, dass Erfahrungen das Gehirn formen“, so Bauer.
Für die Pädagogik ließe sich daraus ableiten, dass Kinder nicht verwöhnt, sondern wahrgenommen werden wollen. Zudem seien Kinder bereit, für Anerkennung und Beachtung eine ganze Menge zu tun. Das Kind suche nach Resonanz und möchte Antworten auf drei grundlegende Fragen erhalten: Existiere ich für dich? Wie bin ich? Zeig mir, dass du mir etwas zutraust!