Eine Oase wird gerettet
SEBASTIANSFRIEDHOF / RESTAURIERUNG
01/03/13 Die Honoratiorendichte über der Erde war ungefähr so hoch wie jene unter der Erde: Eine private Initiative machte die Verantwortlichen bei der Stadt Salzburg auf den desolaten Zustand des Gräberfeldes im Sebastiansfriedhof aufmerksam – und stieß auf offene Türen und Ohren. Ein Lokalaugenschein im Sebastiansfriedhof an der Linzergasse heute Freitag (1.3.) mit Erzbischof Alois Kothgasser.
Von Heidemarie Klabacher
Mit Brettern gestützte steinerne oder rostig in den Himmel ragende eiserne Grabkreuze machen zunächst tatsächlich einen traurigen ersten Eindruck. Das ist auch zwei engagierten Salzburgern aufgefallen, die prompt eine Initiative „Rettet den Sebastiansfriedhof“ starten wollten, sich an die Verantwortlichen bei der Stadt Salzburg wandten – und mit ihrem Vorstoß mitten in ein bereits laufendes Restaurierungsprojekt getroffen haben.
Tatsächlich ist der zweite Eindruck – nämlich beim Gang durch die Arkaden – ein ganz anderer: Viele Grabstätten wirken nicht „wie neu“, das wäre ja ganz furchtbar. Nein, sie scheinen vielmehr den in den letzten Jahren immer grauer werdenden Schleier von schleichendem Zerfall, zerbröselnden Zierraten und korridierenden Gittern abgestreift zu haben.
Sogar die geschmiedeten Blumen und Efeuranken in jener wunderbaren Gruft, die ein Grab Jesu darstellt, wirken wie neu erblüht. Im Stundenglas, das dem Tod in der Grablege der Kurz-Goldenstein ein so besonders dramatisches Aussehen verleiht, scheint der Sand frisch zu rieseln: Tatsächlich hat man die Grüfte in den Arkaden bis in solche kleine, aber wichtige Details hinein bereits restauriert.
Eine Gruft, die statt eines wandhohen Gemäldes nur mehr eine zerfledderte Leinwand zeigt, bekommt demnächst einen Digitaldruck des Originals – es handelt sich um ein „Letztes Abendmahl“ - das sich längst im Salzburg Museum befindet. Die eisernen Gitter um die einzelnen Grüfte herum sind teilweise ebenfalls bereits restauriert worden. Das hat die Verantwortlichen vor besondere Herausforderungen gestellt: „Es sind großteils Grauguss-Gitter, die also gegossen und nicht geschmiedet werden“, erklärt Ingenieur Erich Petri vom Hochbauamt der Stadt Salzburg, der für die Arbeiten verantwortlich ist. Es sei nicht leicht, Handwerker aufzutreiben, die diese alten Verfahren beherrschen.
Aber auch die Wände und das Gewölbe der vier Arkadengänge, die diesen einzigartigen „Campo Santo“ nach italienischem Vorbild umschließen, wurden bereits weiß und gelb gefärbelt, und wirken dennoch nicht wie frisch geputzt oder gar „zu Tode restauriert“. Gut 40.000 Euro seien im Vorjahr in den Arkandengang investiert worden, so Petri.
Eine große Gefahr lauert im Untergrund, obwohl sie in Wirklichkeit von oben kommt: Das Dachwasser aus den umgebenden Häusern kann nicht abfließen, es sammelt sich im Boden und droht, die frisch renovierten Säulen wieder hinaufzusteigen. So erklärte Erich Petri vom Hochbauamt das Problem. Im linken und im hinteren Arkadenganz gebe es noch alte Kanäle, die aber heillos verstopft waren. Man war bereits mit der Kanalkamera unterirdisch unterwegs. Eine Anschlussmöglichkeit an das Kanalnetz in Richtung des Durchgangs Bruderhof/Lorettokloster sei bereits gefunden worden. Eine Entwässerung des Sebastianfriedhofs Richtung Linzergasse ist nicht möglich – da geht es bergauf.
Der Zustand des Gräberfelds hat die Salzburger Helmut Braun und Hannes Schneilinger zur ihrer spontanen Initiative bewogen. Auch hier sind Restaurierungsarbeiten bereits im Gange. Die deprimierenden Bretter-Stützen an so mancher Grabstätte seien eine Notsicherung, die bis zum Ende der Frostperiode so bleiben müsse, sagt Erich Petri. Die Alternative wäre gewesen, den Friedhof zu sperren. Im Frühjahr werde an der Sanierung der Grabstätten und vor allem auch ihrer Fundament weitergearbeitet.
Begonnen haben die Arbeiten im Sebastiansfriedhof bereits im vergangenen Herbst, anlässlich des „Tages des Denkmals“. Im Zuge dieser Arbeiten wurde vom städtischen Gartenamt auch der Bewuchs – vor allem Efeu – auf den Gräbern zurückgeschnitten. Die Saugwurzeln des Efeus hatten bereits etliche Grabsteine gesprengt und metallene Grabkreuze beschädigt. Der Efeu war aber freilich zugleich auch eine Stütze. Als diese weg war, drohten einzelne Grabsteine schlicht und einfach umzufallen: Eine Überprüfung ergab in der Folge, dass etwa 35 Grabsteine nicht mehr die nötige Standfestigkeit aufwiesen.
Noch vor Weihnachten sei daher ein Auftrag an einen Steinrestaurator ergangen, eine Bestandsanalyse zu erstellen und die beschädigten Grabdenkmäler instand zu setzen. Da diese Arbeiten während der Frostperiode nicht ausgeführt werden konnten, mussten die losen Grabsteine in der Wiese abgelegt bzw. mit Holzverstrebungen und Spanngurten gesichert werden. Zudem habe man zu Beginn des Winters drei kranke Bäume mit Hilfe eine Raupensteigers entfernt. Parallel zu den Stein-Sanierungen werde das Gartenamt im Lauf des Frühjahrs die Raupenspuren beseitigen, spätestens Mitte Mai sollten die Arbeiten im Sebastiansfriedhof abgeschlossen sein.
Es freue ihn sehr, sagte Erzbischof Alois Kothgasser beim Lokalaugenschein, dass soviel für den Sebastiansfriedhof getan werde: „Der Ort der Toten ist das Abbild der Lebenden. An den Friedhöfen erkennt man die kulturelle Grundhaltung der Menschen.“ Der Sebastiansfriedhof kam im Jahr 1911 über eine Schenkung in den Besitz der Stadt Salzburg.