Wie ist das mit der Ersatzbank?
HINTERGRUND / ERWACHSENENBILDUNG
16/11/11 „Die Erwachsenenbildung müsse von der bildungspolitischen Ersatzbank heruntergeholt und neben Schule und Hochschule ein gleichwertiger Teil des Bildungssystems werden.“ Das war ein Leitmotiv für die Vernetzung der Institutionen in Sachen Erwachsenenbildung vor genau zwanzig Jahren.
Damals also haben die gemeinnützigen Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Erwachsenenbildung und der öffentlichen Bibliotheken die „Arbeitsgemeinschaft Salzburger Erwachsenenbildung“ gegründet. Ist es gelungen, von der Ersatzbank aufs pädagogische Spielfeld zu kommen? „Die Antwort ist ambivalent“, so der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Erwachsenenbildung, Peter Braun. Die von der Bundesregierung im Juli diesen Jahres beschlossene „Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich“ formuliere sehr ehrgeizige Ziele und Benchmarks für die nächsten Jahre. Im Bundesland Salzburg aber hätten sich, so Peter Braun, „in Relation zu den öffentlichen Ausgaben in die anderen Bereiche des Bildungssystems – Schule und Hochschule – die Bedingungen für die Weiterbildung im Bundesland Salzburg nur in den neunziger Jahren deutlich verbessert.“ Zur Zeit registriere man auf einigen Gebieten Verbesserungen, auf anderen aber „unzumutbare Verschlechterungen“. Insgesamt sei „die Weiterbildung weiterhin der am heftigsten unterfinanzierte Bereich unseres Bildungssystems“.
Salzburg sei wegweisend gewesen für Österreich, indem man hier mit vier kooperativen Entwicklungskonzepten seit 1991 alle fünf Jahre Entwicklungsperspektiven und Positionen für die Weiterbildung im Bundesland formuliert habe. „Salzburg hat (noch) eine gesunde Grundstruktur mit einer einzigartigen Flächendeckung in Österreich“ In jedem Ort gebe es mindestens eine Einrichtung.
Eine der neuen einschlägigen Initiativen ist das Netzwerk „Bildungsberatung Salzburg“ Dazu haben sich im Juni dieses Jahres die Vereine BiBer, Frau&Arbeit, VIELE, die AK Salzburg, die Wirtschaftskammer und die „Lernenden Regionen“ unter Koordination des Vereins Salzburger Erwachsenenbildung zusammengeschlossen. Für dieses Projekt gibt es auch EU-Geld. Mit der „Bildungsberatung Salzburg“ sichere man ein trägerneutrales und unabhängiges Informations- und Beratungsangebot primär für bildungsferne und bildungsbenachteiligte Zielgruppen, so die Initiatoren.
Auch „Lernende Regionen“ ist ein von der EU maßgeblich mitgetragenes Projekt. Es wird derzeit im Oberpinzgau, Tennengau und im Salzburger Seenland umgesetzt. Stichworte für „Lernende Regionen“ sind lebenslanges Lernens und Aufbau von regionalem Wissensmanagement.
Die Veranstaltungs- und TeilnehmerInnenstatistik der Mitgliedsorganisationen der Arbeitsgemeinschaft Salzburger Erwachsenenbildung weist für das Jahr 2010 kaum eine Veränderung gegenüber 2009 auf. Im Vergleich etwa zu den Vorjahren 2008 und 2009, wo insbesondere bei der Veranstaltungszahlen noch deutliche Anstiege zu verzeichnen waren, stagnieren die Veranstaltungs- und TeilnehmerInnenzahlen in nahezu allen Einrichtungen.
Alles in allem wurden im Jahr 2010 16.124 Vorträge, Kurse und Seminare durchgeführt, die von 354.480 Menschen besucht wurden. Verstärkt nachgefragt sind die berufsbildenden Angebote, leichte Rückgänge sind bei den allgemeinbildenden Einrichtungen (Salzburger Bildungswerk, Katholisches Bildungswerk, Volkshochschule St. Virgil) zu verzeichnen. Die Hälfte bis zwei Drittel der Fortbildungswilligen sind Frauen.
Zuwachsraten verzeichnen die 130 öffentlichen Bibliotheken im Land inklusive der Stadtbibliothek Salzburg. Sie wurden 2010 von nicht weniger als 761.000 Menschen besucht, was einen Zuwachs von 4,5% gegenüber 2009 bedeutet. Fast zwei Millionen Medien wurden entlehnt (plus 8%).
Peter Braun führt die Entwicklung unter anderem auf die erkennbare Wende in der Förderpolitik der öffentlichen Hand, insbesondere auch von Seiten des Landes Salzburg hin zu einer verstärkten Forcierung der beruflichen Weiterbildung zurück. In einem offenen Brief an die Landesregierung lobt Peter Braun als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft zwar, dass das Land den Bildungsscheck weiterhin ungekürzt anbiete und bereit sei, mehr Geld im Bereich der Basisbildung, für den verstärkten Aufbau eines Netzwerks für Bildungsberatung und für die Übersiedelung der Volkshochschule in das alte Stadtwerkeareal in die Hand zu nehmen. Dass die öffentlichen Bibliotheken und Bildungswerkeinrichtungen für die nächsten drei Jahre um 8 Prozent gekürzt würden, werfe diese Einrichtungen aber „auf das Förderungsniveau von Mitte der neunziger Jahre zurück“. Das sei „keine Perspektive“. Das derzeitige, „relativ ausbalancierte“ Förderungssystem in der Salzburger Weiterbildung „in einem Bereich einseitig zu verändern (es geht um gut 100.000 € pro Jahr) und damit das insgesamt positive Bild zu beschädigen, sollte in jedem Fall vermieden werden“.
(ARGE Erwachsenenbildung/dpk-krie)