„Das Minus als Erkennungszeichen“
IM WORTLAUT / DACHVERBAND / KULTURFÖRDERUNG
19/10/11 Kürzungen bis zu acht Prozent dräuten als schwarze Wolken seit Monaten am Kultur-Himmel des Landes. Nun löst man die Sache, indem man vom Landestheater – genauer: von dessen Rücklagen – 300.000 Euro abzwackt zugunsten der Ermessensausgaben, sorich: der freien Szene. Für den Dachverband Salzburger Kulturstätten natürlich Anlass für eine geharnischte Reaktion, die wir im Folgenden im Wortlaut publizieren.
Erstmals seit 2009 geht Neuverschuldung wieder deutlich zurück, titelt die Salzburger Landeskorrespondenz am 16. Oktober 2011. Und Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und ihr für Kultur und Finanzen zuständiger Stellvertreter David Brenner (beide SPÖ) jubeln gar: Budgetwende greift, aber noch viel zu tun.
Es ist das übliche Spiel: Schließt das Land ein Jahr positiv ab, wird – angeblich – für schlechte Zeiten gespart. Sind die Zeiten schlecht(er), dann wird gekürzt. Dass es dabei immer auch die Ermessensausgaben betrifft, überrascht nicht wirklich. Natürlich gehört die (freie) Kulturszene dazu. Wie in solchen Fällen gerne praktiziert, wird während der Sommerzeit über die Medien verlautbart, dass Kürzungen ins Haus stehen. Diesmal geht es um acht Prozent, die Salzburgs Finanz- und Kulturreferent David Brenner auch bei Kunst und Kultur einsparen wollte. Einige Wochen später wird dann die überraschende Meldung verbreitet, dass doch nicht so heftig gespart werde, ja, dass sogar alles beim Alten bleibe. Man lässt sich öffentlich als „Retter“ feiern und wartet auf Applaus.
Jetzt ist es soweit. Über die Salzburger Landeskorrespondenz wird wie erwartet verkündet, dass Rücklagen des Landestheaters zugunsten der freien Kulturförderung umgewidmet werden. Titel der Aussendung: „Solidarität und Zusammenhalt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.“ Kulturreferent Brenner lobt das Landestheater, dem millionenschwere Rücklagen erlaubt wurden, weil es als „großer Player“ solidarisch sei, und verteidigt seinen „kulturpolitischen Perspektive-Sinn“.
Vom Dachverband Salzburger Kulturstätten und seinen 75 Mitgliedern in Stadt und Land mit rund einer Million Besuchern pro Jahr kommt dennoch kein Applaus – im Gegenteil. Dachverband-Vorsitzender Tomas Friedman: „Viele engagierte Kultureinrichtungen, die von der Öffentlichkeit geschätzt werden, arbeiten immer noch bzw. schon bald wieder auf Basis von Selbstausbeutung. Sie haben nie die Chance, Gelder für schlechte Zeiten anzusparen, denn die Zeiten sind immer schlecht. Bleiben notwendige Valorisierungen aus und kommen über Jahre keine Indexanpassungen, dann sind das reale Kürzungen, dann ist die Qualität der Kulturarbeit in Gefahr, dann sind weder angemessene Künstlerhonorare noch faire Entlohnung von Mitarbeitern möglich.“ Die Kulturpolitik wisse darüber genau Bescheid, der Dachverband weise seit Jahren darauf hin. Doch nichts geschehe.
Dachverband-Geschäftsführer Thomas Randisek: „Die gegenwärtige Kulturpolitik ist ein Rückschritt. Es ist unerträglich, dass immer auf Kosten der Kleinen gespart wird!“
Bei den so genannten Ermessensausgaben wurde in den letzten Jahren schon deftig gekürzt. Bei mageren 4,6 Millionen Euro für alle zeitgenössischen Kulturstätten in Stadt und Land zusammen lagen die Förderungen des Landes Salzburg laut Rechnungsabschluss 2010. (Zum Vergleich: Die freien städtischen Kultureinrichtungen wurden im Vergleichszeitraum mit rund 4 Millionen Euro allein von der Stadt gefördert). Und nun wollte das Land also von der ohnedies geringen Fördersumme nach Regierungsbeschluss nochmals acht Prozent wegnehmen.
Das heißt: Mit einer Summe von 370.000 Euro, die viel Schaden angerichtet hätte, wollte man das Landesbudget sanieren? Jetzt kommt aber alles ohnedies nicht so schlimm und man scheint stolz darauf zu sein, dass mit 300.000 Euro Landestheater-Rücklagen (von vorhandenen insgesamt 8,7 Millionen Euro) gegengerechnet wird. Wieso nimmt man nicht mehr von den gebunkerten Millionen?
Vollkommen unklar bleibt auch, wo 370.000 Euro innerhalb des Kulturbudgets überhaupt hätten eingespart werden sollen bzw. wo nun die fehlenden 70.000 Euro eingespart werden, denn das Land Salzburg gibt seine Kulturförderkriterien und -schwerpunkte nicht öffentlich bekannt. Will der Landeskulturreferent vielleicht bei Hochglanzbroschüre sparen oder inhaltlich umstrittene Lieblingsprojekten kürzen, z.B. „White Cube”, das tingelnde Veranstaltungszelt (derzeitiger Standort: Bauhof Salzburg) oder die „yellowlounge”? Der Dachverband verlangt dringend eine öffentliche Debatte. „Wir wollen Transparenz, Kompetenz in den Entscheidungen und entsprechende, ausreichende Finanzierungen!“, fasst Vorsitzender Friedmann im Namen der Mitglieder die Dachverband-Forderungen zusammen.
Mit den Worten „In der freien Kulturszene ist nichts zu holen – STOPPT die Kulturbanausen!“, kündigt der Dachverband eine härtere Gangart gegenüber dem Land an. Denn die Zeit ist reif: Seit seinem Amtsantritt im Dezember 2007 hat es David Brenner noch kein einziges Mal geschafft, ein Plus vor das freie Kulturbudget zu schreiben und damit „Salzburg gerechter zu machen“, wie ein SPÖ Slogan verspricht.
Geschäftsführer Thomas Randisek: „Wo ist die notwendige Dynamik im Kulturbudget? Wir vermissen eine faire Förderung der zeitgenössischen Kunst und der engagierten Kulturstätten, und wir verlangen mehr Raum für neue Entwicklungen wie etwa ein freies Community TV FS1, das durch den Bund schon gegenfinanziert schien“. Für die notwendige Mittelaufbringung schlägt der Dachverband Salzburger Kulturstätten vor, die geplante Erhöhung der Rundfunk-Landesabgabe zweckgebunden für die freie Kulturszene zu verwenden, bzw. vorhandene Rücklagen aufzulösen. (Dachverband Salzburger Kulturstätten)