Uni-Entmachtung oder Strukturbereinigung?
HINTERGRUND / UNIVERSITÄTEN (2)
17/11/20 Zu unserer gestrigen Hintergrund-Geschichte über die geplante Novellierung des Universitätsgesetzes hat sich der Landesgeschäftsführer und Wissenschafts-sprecher der Grünen in Salzburg, Simon Heilig-Hofbauer, zu Wort gemeldet.
Von Reinhard Kriechbaum
Wir hatten ja – so wie Rektorinnen und Rektoren und Studierende – geargwöhnt, dass es sich um eine Nacht- und Nebel-Aktion der Regierung handle, die in der Corona-Zeit schnell über die Bühne gbebracht werden solle. Das sieht Heilig-Hofbauer als Mitglied der mit-regierenden Grünen nicht so: Es werde sehr wohl „ein ordentliches Begutachtungsverfahren“ geben, „das sechs Wochen dauert“. Ein Beschluss im Nationalrat sei für Februar oder März 2021 vorgesehen. „Es ist also keineswegs daran gedacht, das Gesetz 'durchzuwinken' während 'die Betroffenen ihren Kopf zwangsläufig woanders haben'“, so Simon Heilig-Hofbauer.
Er stehe „in engem Kontakt“ mit Eva Blimlinger, die diese Gesetzesnovelle auf grüner Seite mitverhandelt und könne also „aus erster Hand“ unter anderem berichten, dass die Regelung mit den 16 ECTS-Punkten „jedenfalls nicht in der ursprünglich kolportierten Form kommen“ werde. Sie werde „maximal entschärft“ – auch aus den im DrehPunktKultur „richtigerweise dargelegten Gründen“.
Viel kritisiert wird derzeit aufgrund der durchgesickerten Informationen, dass den österreichischen Universitäten mit dem kommenden Gesetz ein gutes Stück Autonomie weggenommen werde. Dazu schrieben dieser Tage erst die Rektorinnen und Rektoren der Kunstuniversitäten: „Die Änderungen suggerieren eine Stärkung der Rektorate, während sie tatsächlich das bewährte Gleichgewicht der universitären Leitungsgremien Rektorat, Senat und Universitätsrat gefährden. Durch die Stärkung der Universitätsräte vergrößern sie die Möglichkeit eines direkten politischen Einflusses auf die Universitäten, während das zentrale Selbstverwaltungsorgan der Universitäten, der Senat, wesentlich geschwächt werden würde.“
In Salzburg haben sich in ähnlichem Sinn auch die Senats-Vorsitzenden von Mozarteum und Universität, Christoph Lepschy und Wolfgang Faber, zu Wort gemeldet. Auch sie sehen „die Absicht, die Senate zu entmachten und damit die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit von Wissenschaft und Kunst massiv einzuschränken“. Die Senats-Vorsitzenden sehen das System der „checks and balances“ von den drei Leitungsorganen gefährdet. Dem Senat – so argwöhnen Lepschy und Faber – solle „nun das Recht genommen werden, gemeinsam mit dem Universitätsrat über die Vertragsverlängerung eines*einer amtierenden Rektor*in zu entscheiden“. Künftig solle das der Universitätsrat, „dessen Mitglieder zum Teil von den jeweiligen Regierungsparteien entsandt werden“, alleine entscheiden. Es werde also den Angehörigen der jeweiligen Universität „zentrale Mitbestimmungsrechte entzogen“.
Bisher waren bei Rektorswahl jeweils eine Zweidrittel-Mehrheit von Senat und Unirat nötig. Am Mozarteum führte das zuletzt zu mehrere Jahre dauernden Grabenkämpfen zwischen den beiden Gremien.
Künftig, so verrät Simon Heilig-Hofbauer, solle tatsächlich der Unirat „nach Anhörung des Senats mit 2/3 Mehrheit entscheiden“. Der Senat entsende ja Mitglieder in den Unirat, damit solle auch gewährleistet sein, „dass der Unirat nicht gegen den Senat entscheiden“ werde. Für eine etwaige dritte Rektorats-Periode solle es weiterhin so sein, „dass der Senat und der Unirat jeweils mit Zweidrittelmehrheit zustimmen müssen“.
„An eine Verletzung der Universitätsautonomie oder eine Entmachtung der Senate ist nicht gedacht“, betont Heilig-Hofbauer. „Da muss man die Kirche schon im Dorf lassen. Viel eher sollte man vielleicht generell die Struktur des Senats hinterfragen. Dass dieser jetzt mit seinem antiquierten Kurienwahlrecht (!), das noch dazu die Mehrheitsverhältnisse an der Uni maximal verzerrt, als Garant für 'Demokratie' herhalten muss, geht dann schon einigermaßen an der Realität vorbei.“
Ein „alarmierendes Vorhaben“, so schrieben jüngst die beiden Salzburger Senats-Vorsitzenden, sei die vorgesehene einschneidende Verminderung der Gestaltungsrechte des Senats bei den Studienplänen. Die „strukturelle Gestaltung der Studienpläne“ solle künftig „Bestandteil der zwischen Rektorat und Ministerium geschlossenen Leistungsvereinbarung“ werden, befürchten Uni-Verantwortliche. „Über die damit verknüpfte Finanzierung beabsichtigt das Ministerium, sich unmittelbare und direkte Zugriffsmöglichkeit zu sichern und die Autonomie der Universitäten auszuhebeln.“
Dazu Simon Heilig-Hofbauer beschwichtigend: „Hintergrund dieser Überlegung ist, dass es bei den Curricula, insbesondere was die Zuteilung von ECTS Punkten angeht, oft große Probleme gegeben hat. Es geht dabei also nicht um Inhalte, sondern um strukturelle Fragen. Und schon gar nicht um eine Einschränkung der Universitätsautonomie.“